1. Einleitung
Wer eine Immobilie besitzt oder plant, ein Gebäude in mehrere Eigentumseinheiten zu unterteilen, wird früher oder später mit dem Begriff Abgeschlossenheitsbescheinigung konfrontiert. Dieses behördliche Dokument ist eine entscheidende Voraussetzung, wenn einzelne Wohnungen oder Teile einer Immobilie rechtlich als Sondereigentum im Grundbuch eingetragen werden sollen – beispielsweise bei der Umwandlung eines Mehrfamilienhauses in Eigentumswohnungen.
Ob zur Vorbereitung eines Verkaufs, im Rahmen einer Erbauseinandersetzung oder im Zuge eines Bauprojekts: Die Abgeschlossenheitsbescheinigung schafft Rechtssicherheit und ist eng mit dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) verknüpft. Sie bescheinigt, dass die jeweiligen Einheiten eines Gebäudes in sich abgeschlossen sind – also eine eigenständige Nutzung ohne Abhängigkeit von anderen Einheiten ermöglichen.
In diesem Artikel wird umfassend erläutert, was eine Abgeschlossenheitsbescheinigung ist, wann sie benötigt wird, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wie der Antragsprozess abläuft. Auch häufige Probleme, wichtige Unterschiede zur Teilungserklärung und praxisnahe Beispiele werden behandelt. So erhalten Immobilieneigentümer, Investoren, Makler und Bauherren eine fundierte Grundlage für ihre Entscheidungen rund um die rechtliche Aufteilung von Immobilien.
2. Was ist eine Abgeschlossenheitsbescheinigung?
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung ist ein behördliches Dokument, das bestätigt, dass bestimmte Teile eines Gebäudes – etwa Wohnungen oder gewerblich genutzte Räume – baulich hinreichend voneinander getrennt und somit eigenständig nutzbar sind. Sie ist gesetzlich im § 7 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) geregelt und bildet die Grundlage für die Bildung von Wohnungs- und Teileigentum.
Konkret bedeutet das: Ohne Abgeschlossenheitsbescheinigung kann keine rechtssichere Teilung einer Immobilie erfolgen. Sie ist zwingend erforderlich, wenn mehrere Einheiten eines Gebäudes im Grundbuch als eigenständige Eigentumseinheiten (Sondereigentum) eingetragen werden sollen – etwa im Rahmen einer Teilungserklärung. Erst mit dieser Bescheinigung ist es rechtlich möglich, einzelnen Wohnungen oder Gewerbeeinheiten verschiedene Eigentümer zuzuordnen.
Gesetzliche Grundlage: § 7 WEG
Laut Wohnungseigentumsgesetz gilt: Eine Eigentumswohnung kann nur dann ins Grundbuch eingetragen werden, wenn die dazugehörigen Räume in sich abgeschlossen sind. Die Abgeschlossenheit wird durch die Bauaufsichtsbehörde bescheinigt – und genau dafür dient die Abgeschlossenheitsbescheinigung.
Funktionen und Zweck
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung erfüllt mehrere wichtige Funktionen:
- Sicherung der baulichen Eigenständigkeit von Sondereigentum
- Rechtliche Voraussetzung für die Bildung von Wohnungseigentum
- Nachweis gegenüber dem Grundbuchamt zur Eintragung ins Grundbuch
- Grundlage für spätere Verkäufe, Finanzierungen oder Erbregelungen
Sie ist damit nicht nur ein technisches Dokument, sondern ein zentraler Baustein im rechtlichen und wirtschaftlichen Umgang mit Immobilien, die in mehrere Eigentumseinheiten aufgeteilt sind.
3. Wann wird eine Abgeschlossenheitsbescheinigung benötigt?
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung wird immer dann benötigt, wenn ein Gebäude in rechtlich selbstständige Einheiten – sogenanntes Wohnungs- oder Teileigentum – aufgeteilt werden soll. Sie ist eine zwingende Voraussetzung für die Erstellung der Teilungserklärung und die Eintragung der einzelnen Einheiten ins Grundbuch. Ohne diese Bescheinigung kann keine rechtlich saubere Trennung erfolgen.
Typische Anwendungsfälle
1. Teilung eines Mehrfamilienhauses
Wenn ein Eigentümer ein Mehrfamilienhaus besitzt und die einzelnen Wohnungen als separate Eigentumswohnungen verkaufen möchte, ist die Abgeschlossenheitsbescheinigung zwingend notwendig. Sie ermöglicht die rechtliche Verselbstständigung jeder Einheit.
2. Neubauprojekte mit mehreren Eigentümern
Bei Neubauten, die von vornherein in mehrere Eigentumseinheiten aufgeteilt werden sollen (z. B. bei Bauträgerprojekten), ist die Bescheinigung Teil des Prozesses, bevor die Wohnungen einzeln verkauft oder finanziert werden können.
3. Verkauf einzelner Gebäudeteile
Soll ein Teil eines bestehenden Gebäudes – etwa eine Einliegerwohnung oder eine Gewerbefläche – unabhängig vom Rest verkauft werden, ist die Abgeschlossenheitsbescheinigung notwendig, um Sondereigentum zu begründen.
4. Erbschaft und Vermögensaufteilung
Im Rahmen von Erbschaften, Scheidungen oder Schenkungen kann es sinnvoll sein, eine Immobilie in einzelne Eigentumseinheiten aufzuteilen, um eine gerechte oder praktikable Vermögensverteilung zu ermöglichen. Auch hier ist die Bescheinigung Voraussetzung.
5. Finanzierung durch Kreditinstitute
Einige Banken verlangen eine Abgeschlossenheitsbescheinigung als Sicherheitsnachweis, wenn eine einzelne Einheit beliehen werden soll – insbesondere bei Neubauten oder Umwandlungsprojekten.
4. Voraussetzungen für die Erteilung
Damit eine Abgeschlossenheitsbescheinigung ausgestellt werden kann, müssen bestimmte bauliche und formale Voraussetzungen erfüllt sein. Im Mittelpunkt steht dabei die bauliche Abgeschlossenheit der einzelnen Einheiten – ein zentrales Kriterium, das genau geprüft wird.
Was bedeutet „bauliche Abgeschlossenheit“?
Die bauliche Abgeschlossenheit bedeutet, dass eine Wohnung oder Nutzungseinheit so gebaut ist, dass sie:
- durch Wände und Decken vollständig von anderen Einheiten getrennt ist,
- einen eigenen abschließbaren Zugang (in der Regel über einen Flur oder das Treppenhaus) hat,
- über die notwendigen Räume zur dauerhaften eigenständigen Nutzung verfügt.
Das heißt: Eine Wohneinheit muss mindestens ein Wohnzimmer, eine Küche oder Kochnische, ein Bad/WC und Schlafmöglichkeiten umfassen. Zusätzlich muss sichergestellt sein, dass die Einheit ohne Zutritt durch andere Sondereigentumseinheiten betreten und genutzt werden kann.
Anforderungen im Überblick
Voraussetzung | Erklärung |
Abschließbare Zugangstür | Jeder Einheit muss ein eigener Eingang zur Verfügung stehen |
Komplette Trennung durch Wände | Kein direkter Durchgang zu anderen Einheiten |
Eigene sanitäre Einrichtungen | Bad/WC müssen der Einheit zugeordnet und ausschließlich nutzbar sein |
Kochnische oder Küche | Auch für kleine Einheiten erforderlich (z. B. bei Mikroapartments) |
Belichtung und Belüftung | Fenster oder andere baurechtlich zulässige Belichtungsmöglichkeiten |
Erfüllung bauordnungsrechtlicher Vorgaben | Einhaltung landesrechtlicher Bauvorschriften |
Sonderfälle: Teileigentum
Bei Teileigentum (z. B. bei Lagerflächen, Büros oder Gewerbeeinheiten) gelten andere Anforderungen als bei Wohnungen. Zwar muss auch hier die Einheit baulich abgeschlossen sein, jedoch entfallen Anforderungen wie Bad oder Küche. Die Nutzung muss aber klar bestimmt und vom Rest des Gebäudes abtrennbar sein.
5. Antragstellung: So läuft der Prozess ab
Die Ausstellung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung ist ein formaler Verwaltungsakt, der bei der zuständigen Behörde beantragt werden muss. In den meisten Fällen ist dies das Bauamt oder die untere Bauaufsichtsbehörde der jeweiligen Stadt oder Gemeinde.
Wer darf den Antrag stellen?
Grundsätzlich kann der Antrag von:
- dem Eigentümer selbst,
- einem bevollmächtigten Vertreter (z. B. Notar, Architekt oder Rechtsanwalt),
- einem Bauträger oder Projektentwickler
gestellt werden. Häufig erfolgt die Antragstellung im Rahmen der Erstellung der Teilungserklärung, z. B. durch einen Notar.
Welche Unterlagen werden benötigt?
Für eine erfolgreiche Antragstellung sind in der Regel folgende Dokumente erforderlich:
- Formloser Antrag oder amtliches Antragsformular
- Lageplan des Grundstücks
- Bauzeichnungen der Immobilie (Grundrisse, Schnitte, Ansichten)
- Aufteilungsplan gemäß § 7 Abs. 4 WEG – meist durch einen Architekten erstellt
- Maßstabsgerechte Darstellung der Nutzungseinheiten (inkl. Nummerierung)
- Eindeutige Kennzeichnung von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum
- Baugenehmigung, falls Neubau oder Umbau
- Eigentumsnachweis (z. B. Grundbuchauszug), je nach Behörde
Die Zeichnungen müssen bestimmte Anforderungen erfüllen: Sie sollten maßstabsgetreu, unterschrieben und mit Raumnutzungshinweisen versehen sein. Viele Bauämter akzeptieren mittlerweile auch digitale Einreichungen.
Bearbeitungsdauer
Die Bearbeitungszeit hängt stark von der Auslastung der Behörde ab, liegt aber typischerweise bei:
- 2 bis 8 Wochen bei vollständigen Unterlagen
- länger, wenn Rückfragen oder Nachforderungen bestehen
Eine frühzeitige Antragstellung empfiehlt sich insbesondere bei geplanten Verkäufen oder Teilungen, da das Fehlen der Bescheinigung Prozesse verzögern kann.
Kosten
Die Gebühren variieren je nach Bundesland und Verwaltungsaufwand, liegen aber meist im Bereich von:
- 50 bis 200 Euro pro Einheit
- Sonderfälle oder größere Projekte können höhere Gebühren verursachen
Die genaue Gebührensatzung regelt die jeweilige Gemeinde- oder Landesverordnung.
6. Was enthält die Abgeschlossenheitsbescheinigung konkret?
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung ist ein schriftlicher Nachweis darüber, dass bestimmte Einheiten eines Gebäudes baulich abgeschlossen sind. Sie bezieht sich immer auf einen konkreten Aufteilungsplan und bildet zusammen mit diesem die Grundlage für die Eintragung ins Grundbuch.
Aufbau und Inhalt der Bescheinigung
Auch wenn das genaue Layout je nach Bundesland leicht variieren kann, enthält die Abgeschlossenheitsbescheinigung in der Regel folgende Bestandteile:
- Bezeichnung des Objekts: Adresse der Immobilie, Flurstücksnummer, ggf. Gebäudebezeichnung
- Angabe der Nutzungseinheiten: Auflistung der abgeschlossenen Einheiten (z. B. Wohnung Nr. 1, Gewerbeeinheit Nr. 2)
- Verweis auf Bauzeichnungen: Klare Zuordnung zu den eingereichten Grundrissen und Plänen
- Bestätigung der Abgeschlossenheit: Der zentrale Satz lautet in der Regel sinngemäß:
„Die in den beigefügten Unterlagen dargestellten Einheiten sind gemäß § 7 Abs. 4 WEG in sich abgeschlossen.“ - Datum und Unterschrift der Behörde
- Behördliches Aktenzeichen oder Referenznummer
Bezug auf Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum
In der Bescheinigung selbst wird nicht festgelegt, welches Bauteil Sondereigentum oder Gemeinschaftseigentum ist – dies geschieht erst in der Teilungserklärung. Allerdings muss aus den eingereichten Plänen deutlich hervorgehen:
- welche Räume zu welcher Einheit gehören (z. B. Wohnung, Keller, Garage),
- welche Bereiche gemeinschaftlich genutzt werden (z. B. Flure, Treppenhäuser, Außenanlagen).
Diese Unterscheidung ist besonders wichtig für das spätere Verhältnis der Eigentümer untereinander und für die Verteilung von Kosten und Pflichten.
Beispiel: Was eine Bescheinigung typischerweise nennt
- Wohnung Nr. 1 im Erdgeschoss: Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küche, Bad, Flur
- Wohnung Nr. 2 im Obergeschoss: 3 Zimmer, Bad, Küche
- Kellerraum Nr. 1 zur Wohnung Nr. 1 gehörend
- Gemeinschaftlich genutzte Flächen: Treppenhaus, Heizungsraum, Garten
7. Häufige Probleme und Stolpersteine
Die Beantragung einer Abgeschlossenheitsbescheinigung ist in vielen Fällen formal klar geregelt, kann aber in der Praxis an diversen Details scheitern. Wer sich frühzeitig mit möglichen Stolpersteinen befasst, kann Zeitverzögerungen und zusätzliche Kosten vermeiden.
1. Unzureichende bauliche Trennung
Ein häufiger Grund für die Ablehnung ist, dass die Einheiten nicht vollständig abgeschlossen sind. Das bedeutet beispielsweise:
- Türen fehlen oder sind nicht abschließbar
- Räume sind über andere Einheiten zugänglich (z. B. gemeinsamer Flur ohne Abtrennung)
- Zwischenwände entsprechen nicht den baurechtlichen Anforderungen
Besonders bei Altbauten oder umgewidmeten Nutzflächen (z. B. Büros zu Wohnungen) treten diese Probleme häufig auf.
2. Unvollständige oder fehlerhafte Bauzeichnungen
Die eingereichten Pläne müssen maßstabsgetreu, vollständig beschriftet und formal korrekt sein. Häufige Mängel sind:
- fehlende Maßangaben
- nicht gekennzeichnete Nutzungseinheiten
- keine Trennung zwischen Sonder- und Gemeinschaftseigentum
- Plansätze ohne Unterschrift des Erstellers
Oft ist die Beauftragung eines Architekten oder Planers sinnvoll, um diese formalen Anforderungen professionell umzusetzen.
3. Abweichungen zwischen Realität und Plan
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung bezieht sich auf die eingereichten Pläne – nicht auf das real existierende Gebäude. Wenn Bauausführung und Pläne nicht übereinstimmen, kommt es zu Problemen:
- geplante Trennwände existieren nicht
- Räume wurden nachträglich verändert
- bauliche Maßnahmen erfolgten ohne Genehmigung
Hier kann eine Nachbesserung notwendig sein – entweder durch bauliche Anpassungen oder durch neue Pläne.
4. Veraltete oder fehlende Baugenehmigung
In manchen Fällen wird im Zuge der Antragstellung festgestellt, dass:
- keine Baugenehmigung für Umbauten vorliegt
- Nutzungsänderungen (z. B. Wohnraum statt Büro) nicht genehmigt wurden
Solche Sachverhalte müssen meist nachträglich genehmigt oder legalisiert werden, bevor eine Abgeschlossenheitsbescheinigung erteilt werden kann.
5. Missverständnisse über den Zweck der Bescheinigung
Manche Eigentümer verwechseln die Abgeschlossenheitsbescheinigung mit der Teilungserklärung oder einem Grundbuchauszug. Dabei handelt es sich um getrennte Vorgänge. Die Bescheinigung ist nur ein Schritt auf dem Weg zur Eigentumsbildung – nicht das Ziel selbst.
8. Was tun bei Ablehnung des Antrags?
Wird der Antrag auf eine Abgeschlossenheitsbescheinigung abgelehnt, ist das für Eigentümer und Projektentwickler oft ein Rückschlag – insbesondere, wenn Verkaufspläne, Grundbucheintragungen oder Finanzierungen daran hängen. Eine Ablehnung ist jedoch nicht endgültig: Sie ist in der Regel begründet und kann durch gezielte Nachbesserungen überwunden werden.
Häufige Gründe für eine Ablehnung
- Fehlende bauliche Abgeschlossenheit
- Die Einheiten sind nicht vollständig getrennt oder teilen sich Eingangsbereiche.
- Sanitäreinrichtungen oder Küchen fehlen oder sind gemeinsam nutzbar.
- Formale Mängel in den Unterlagen
- Unvollständige oder veraltete Baupläne
- Keine klare Zuordnung von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum
- Fehlerhafte oder unleserliche Kennzeichnungen
- Unzulässige Nutzung
- Geplante Nutzung (z. B. Wohnen in Gewerbefläche) stimmt nicht mit der Baugenehmigung überein.
- Nutzungsänderungen wurden nicht genehmigt.
- Abweichungen vom genehmigten Bauzustand
- Tatsächliche Bauausführung entspricht nicht den eingereichten Plänen.
- Bauliche Veränderungen wurden ohne Genehmigung vorgenommen.
Möglichkeiten zur Nachbesserung
Die gute Nachricht: In den meisten Fällen kann der Antrag überarbeitet und erneut eingereicht werden. Dabei helfen oft folgende Maßnahmen:
- Bauliche Anpassungen: Einbau fehlender Trennwände, Schaffung eigener Eingänge, Installation von Küche oder Bad
- Überarbeitung der Pläne: Architekten oder Fachplaner können korrekte und genehmigungsfähige Unterlagen erstellen
- Genehmigung von Umbauten oder Nutzungsänderungen: Nachträgliche Bauanträge oder Nutzungsanträge bei der Baubehörde stellen
Es empfiehlt sich, im Falle einer Ablehnung frühzeitig den Kontakt zur zuständigen Behörde zu suchen. Viele Bauämter zeigen sich kooperativ, wenn der Antragsteller bereit ist, die nötigen Änderungen nachvollziehbar umzusetzen.
Rechtsmittel und Widerspruch
Sollte eine Behörde trotz Nachbesserung keine Bescheinigung ausstellen oder der Antragsteller die Ablehnungsgründe nicht nachvollziehen können, besteht die Möglichkeit:
- Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid einzulegen (Fristen beachten – meist 1 Monat)
- ggf. Klage vor dem Verwaltungsgericht einzureichen
In solchen Fällen ist die Einschaltung eines Fachanwalts für Verwaltungsrecht oder Immobilienrecht sinnvoll.
9. Abgeschlossenheitsbescheinigung und Teilungserklärung: Was ist der Unterschied?
Im Zusammenhang mit der Aufteilung von Immobilien in einzelne Eigentumseinheiten fallen zwei Begriffe häufig gemeinsam – und werden dennoch oft miteinander verwechselt: Abgeschlossenheitsbescheinigung und Teilungserklärung. Beide Dokumente sind im Wohnungseigentumsrecht eng miteinander verknüpft, erfüllen aber unterschiedliche Funktionen.
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung: Technisch-baulicher Nachweis
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung wird von der zuständigen Bauaufsichtsbehörde ausgestellt und dient als:
- Nachweis, dass einzelne Einheiten eines Gebäudes baulich voneinander getrennt und damit eigenständig nutzbar sind
- Voraussetzung für die Entstehung von Sondereigentum
- Grundlage für die Erstellung einer Teilungserklärung gemäß § 8 WEG
Sie hat also eine rein bauliche und verwaltungsrechtliche Funktion. Ohne sie ist eine rechtmäßige Teilung in Eigentumseinheiten nicht möglich.
Die Teilungserklärung: Rechtliche Strukturierung des Eigentums
Die Teilungserklärung ist dagegen ein notarielles Dokument, das beim Grundbuchamt eingereicht wird. Sie regelt:
- die Zuordnung von Sondereigentum und Gemeinschaftseigentum
- die Verteilung der Miteigentumsanteile
- Nutzungsregelungen (z. B. Sondernutzungsrechte an Gartenflächen oder Stellplätzen)
- Rechte und Pflichten der Eigentümergemeinschaft
- ggf. eine Gemeinschaftsordnung
Die Teilungserklärung ist somit das zentrale Dokument für die rechtsverbindliche Ordnung des Eigentumsverhältnisses im Gebäude und die Grundlage für die Eintragung im Grundbuch.
Zusammenspiel beider Dokumente
Dokument | Zuständig | Funktion | Zeitlicher Ablauf |
Abgeschlossenheitsbescheinigung | Bauamt | Bestätigung der baulichen Abgeschlossenheit | Wird vor der Teilungserklärung beantragt |
Teilungserklärung | Notar | Rechtliche Aufteilung und Regelung der Eigentumsverhältnisse | Wird mit der Bescheinigung beim Grundbuchamt eingereicht |
Erst wenn beide Dokumente vorliegen, kann das Grundbuch für einzelne Einheiten angelegt werden – ein entscheidender Schritt etwa für den Verkauf von Eigentumswohnungen.
10. Praxisbeispiele und typische Anwendungsfälle
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung spielt in der Praxis eine zentrale Rolle, wenn Immobilien in einzelne, rechtlich selbstständige Einheiten aufgeteilt werden sollen. Im Folgenden zeige ich dir typische Szenarien, bei denen diese Bescheinigung erforderlich ist – jeweils mit kurzer Erläuterung.
1. Umwandlung eines Mehrfamilienhauses in Eigentumswohnungen
Ein Eigentümer besitzt ein Mehrfamilienhaus mit fünf Mietwohnungen und möchte diese einzeln verkaufen. Dafür muss jede Wohnung rechtlich verselbstständigt werden – inklusive Grundbucheintrag.
Ohne Abgeschlossenheitsbescheinigung keine Teilungserklärung, ohne Teilungserklärung kein Einzelverkauf.
➡️ Die Bescheinigung bestätigt, dass jede Wohnung baulich von den anderen getrennt ist (eigene Türen, Bäder, Küchen etc.).
2. Neubau eines Wohngebäudes durch einen Bauträger
Ein Bauträger plant ein Gebäude mit acht Wohneinheiten. Schon vor Fertigstellung sollen die Wohnungen verkauft werden.
Damit der Käufer als Eigentümer im Grundbuch eingetragen werden kann, braucht der Notar die Teilungserklärung – und diese wiederum die Abgeschlossenheitsbescheinigung.
➡️ Die Bescheinigung wird hier oft auf Basis der Baupläne ausgestellt (vor Baubeginn), mit der Auflage, dass das Gebäude entsprechend errichtet wird.
3. Verkauf einer Gewerbeeinheit innerhalb eines Gebäudes
Ein Gebäude umfasst mehrere Gewerbeeinheiten, von denen eine separat verkauft werden soll. Auch hier muss die bauliche Trennung bescheinigt werden.
➡️ Bei Teileigentum reicht es aus, wenn die Einheit klar abgegrenzt und eigenständig nutzbar ist – Küche oder Bad sind nicht zwingend erforderlich.
4. Erbschaft: Gerechte Aufteilung einer Immobilie
Drei Geschwister erben gemeinsam ein Haus. Um eine praktikable Lösung zu finden, soll das Haus in drei abgeschlossene Wohneinheiten aufgeteilt werden – je eine für jeden Erben.
Mit der Abgeschlossenheitsbescheinigung kann das Eigentum rechtlich getrennt und im Grundbuch korrekt aufgeteilt werden.
➡️ So lassen sich spätere Streitigkeiten vermeiden, etwa über Nutzung oder Verkauf einzelner Teile.
5. Aufwertung durch rechtliche Teilung
Ein Eigentümer besitzt ein größeres Wohnhaus mit zwei vollständig getrennten Wohnungen – rechtlich jedoch noch als Einfamilienhaus im Grundbuch geführt. Durch eine nachträgliche Abgeschlossenheitsbescheinigung kann das Gebäude in zwei Eigentumswohnungen geteilt und separat veräußert oder finanziert werden.
➡️ Solche Teilungen steigern oft den Marktwert und die Flexibilität beim Verkauf.
11. Fazit
Die Abgeschlossenheitsbescheinigung ist weit mehr als ein bürokratisches Detail – sie ist ein entscheidendes Instrument im Wohnungseigentumsrecht. Ohne sie kann keine rechtliche Aufteilung eines Gebäudes in einzelne Eigentumseinheiten erfolgen. Ob im Rahmen eines Verkaufs, bei der Nachlassregelung oder im Zuge einer Projektentwicklung: Wer mit Immobilien arbeitet oder plant, muss das Verfahren rund um die Abgeschlossenheitsbescheinigung kennen und verstehen.
Die wichtigsten Punkte im Überblick:
- Sie bestätigt die bauliche Trennung und Eigenständigkeit von Nutzungseinheiten.
- Sie ist zwingende Voraussetzung für die Erstellung einer Teilungserklärung und für die Grundbucheintragung von Wohnungs- oder Teileigentum.
- Der Antrag wird bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde gestellt und erfordert korrekte, vollständige Unterlagen – meist inklusive Bauzeichnungen und Aufteilungsplänen.
- Häufige Probleme entstehen durch formale Fehler, unzureichende Trennungen oder fehlende Genehmigungen.
- Ablehnungen können in vielen Fällen durch bauliche Nachbesserung oder überarbeitete Pläne ausgeräumt werden.