Bagatellschaden

1. Einleitung

Im Bereich der Immobilienbewirtschaftung, -vermietung und -veräußerung begegnet man häufig dem Begriff „Bagatellschaden“. Was auf den ersten Blick nach einem unerheblichen, leicht zu behebenden Mangel klingt, hat in der Praxis oft mehr Gewicht, als es der Name vermuten lässt. Denn sowohl im Mietrecht als auch beim Immobilienverkauf oder im Versicherungswesen kann die rechtliche Einstufung eines Schadens als Bagatelle weitreichende Folgen haben.

Bagatellschäden werfen eine zentrale Frage auf: Ab wann ist ein Schaden so geringfügig, dass daraus keine wesentlichen Rechte oder Pflichten entstehen – und wann überschreitet er diese Schwelle? Diese scheinbar einfache Unterscheidung beeinflusst unter anderem:

  • wer für die Beseitigung eines Schadens aufkommen muss,
  • ob eine Minderung der Miete zulässig ist,
  • wie ein Kaufvertrag rechtssicher gestaltet werden sollte,
  • und ob eine Gebäudeversicherung überhaupt leistet.

Gerade weil keine einheitliche, gesetzlich festgelegte Definition des Bagatellschadens existiert, ist es umso wichtiger, ihn im jeweiligen Kontext richtig einzuordnen. Denn das, was im Mietrecht noch als Bagatelle durchgeht, kann im Bauvertragsrecht bereits als abnahmeverhindernder Mangel gelten.

2. Was ist ein Bagatellschaden?

Definition des Begriffs

Ein Bagatellschaden ist – allgemein gesprochen – ein geringfügiger, unbedeutender Schaden, dessen Beseitigung mit vergleichsweise geringem Aufwand möglich ist. Er ist so klein, dass er weder die Nutzbarkeit einer Immobilie wesentlich beeinträchtigt, noch ihren Wert oder ihre Funktion nachhaltig mindert. Der Begriff ist nicht legaldefiniert, das heißt: Es gibt keine eindeutige gesetzliche Definition, sondern die Einordnung hängt stets vom Einzelfall und vom jeweiligen Rechtskontext ab.

Typische Beispiele für Bagatellschäden

  • Eine leicht wackelnde Steckdose
  • Kleine Risse im Anstrich oder Putz (z. B. Haarrisse)
  • Ein tropfender Wasserhahn
  • Locker sitzende Tür- oder Fenstergriffe
  • Abblätternde Silikonfugen in kleinen Teilbereichen
  • Kleinere Verfärbungen oder Kratzer an Oberflächen

Solche Schäden wirken sich im Normalfall nicht auf die Gebrauchstauglichkeit oder Verkehrssicherheit der Immobilie aus. Sie stellen vielmehr optische oder funktionale Unschönheiten dar, die sich mit überschaubarem Aufwand beheben lassen.

Rechtlicher Kontext im Immobilienbereich

Je nach Situation ist die Einstufung als Bagatellschaden rechtlich relevant – z. B.:

  • Im Mietrecht: Entscheidend für die Frage, ob der Mieter die Reparatur selbst zahlen muss (Stichwort: Kleinreparaturklausel).
  • Im Kaufrecht: Von Bedeutung für die Offenbarungspflicht des Verkäufers und die Geltendmachung von Mängelrechten durch den Käufer.
  • Im Versicherungsrecht: Maßgeblich dafür, ob der Schaden die Selbstbeteiligung überschreitet oder überhaupt als „versicherter Schadensfall“ gilt.
  • Im Baurecht: Relevant bei der Bauabnahme – hier kann ein Bagatellschaden eine Abnahme in der Regel nicht verhindern.

Keine starre Wertgrenze

Obwohl manche Regelungen (z. B. zur Kleinreparatur) pauschale Summen nennen, ist der Bagatellcharakter eines Schadens nicht allein vom Geldbetrag abhängig. Ein Schaden kann auch dann kein Bagatellschaden sein, wenn die Behebung günstig ist – etwa, wenn er gesundheitsgefährdend, technisch relevant oder wiederkehrend ist.

3. Bagatellschäden im Mietrecht

Bedeutung für Mieter und Vermieter

Im Mietrecht ist die Einordnung eines Schadens als Bagatelle besonders relevant, wenn es um die Verteilung von Instandhaltungspflichten geht. Grundsätzlich ist der Vermieter verpflichtet, die Mietsache in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten (§ 535 BGB). Allerdings erlaubt die Rechtsprechung, dass geringfügige Reparaturkosten – sogenannte Kleinreparaturen – auf den Mieter abgewälzt werden können, sofern dies wirksam im Mietvertrag geregelt ist.

Bagatellschäden stehen hier im Zentrum, da sie typischerweise die Grundlage solcher Kleinreparaturen bilden. Ein nicht funktionierender Lichtschalter oder ein tropfender Wasserhahn sind klassische Beispiele.

Kleinreparaturklauseln und ihre Grenzen

Eine Klausel zur Übernahme von Kleinreparaturen durch den Mieter ist nur dann wirksam, wenn sie folgende Bedingungen erfüllt:

  1. Begrenzung auf bestimmte Teile der Wohnung, die dem häufigen Zugriff des Mieters unterliegen (z. B. Armaturen, Lichtschalter, Fenstergriffe).
  2. Einzelobergrenze (z. B. max. 100 € je Reparatur).
  3. Jahresobergrenze (z. B. max. 8 % der Jahresnettomiete).

Wird nur eine dieser Grenzen überschritten oder fehlt die Einschränkung auf bestimmte Mietobjekte, ist die Klausel in der Regel unwirksam – mit der Folge, dass der Vermieter den Schaden vollständig tragen muss, auch wenn es sich objektiv um einen Bagatellschaden handelt.

Wichtig: Selbst bei wirksamer Kleinreparaturklausel muss der Mieter nicht selbst reparieren, sondern nur die Kosten bis zur vereinbarten Grenze tragen.

Mietminderung bei Bagatellschäden?

Die Rechtsprechung erlaubt eine Mietminderung nur bei wesentlichen Mängeln, die den Gebrauch der Mietsache erheblich beeinträchtigen. Ein Bagatellschaden – z. B. eine kleine undichte Fuge oder ein leicht klappernder Heizkörper – rechtfertigt in der Regel keine Mietminderung.

Urteile zeigen jedoch, dass es keine starre Linie gibt: Ein zunächst bagatellartiger Schaden kann durch Dauer, Wiederholung oder Auswirkungen durchaus relevant werden (z. B. Schimmelbildung durch undichte Fenster).

Aktuelle Rechtsprechung (Beispiele)

  • AG München, Urteil vom 30.07.2014 (Az.: 413 C 26749/13): Ein tropfender Wasserhahn für 70 € Reparaturkosten wurde als Bagatellschaden angesehen, die Kostenübernahme durch den Mieter war wirksam geregelt.
  • BGH, Urteil vom 07.06.1989 (VIII ZR 91/88): Eine pauschale Klausel ohne Einzelobergrenze ist unwirksam – auch bei kleinen Schäden.

4. Bagatellschäden beim Immobilienverkauf

Offenbarungspflichten des Verkäufers

Beim Verkauf einer Immobilie ist der Verkäufer verpflichtet, dem Käufer alle wesentlichen Mängel offenzulegen, die den Wert oder die Gebrauchstauglichkeit der Immobilie beeinträchtigen könnten. Bagatellschäden stehen dabei im Grenzbereich: Sie müssen nicht zwingend angegeben werden – aber die Grenze zwischen „unerheblich“ und „arglistig verschwiegen“ kann fließend sein.

Beispiel: Ein kleiner Wasserfleck unter der Decke kann als Bagatellschaden erscheinen – steckt jedoch ein dauerhaftes Problem mit der Dachabdichtung dahinter, wäre ein Verschweigen arglistig, da die Ursache gravierend ist.

Kaufvertrag und der Ausschluss von Gewährleistung

In Kaufverträgen über gebrauchte Immobilien wird regelmäßig ein pauschaler Gewährleistungsausschluss vereinbart („gekauft wie gesehen“). Dieser schützt den Verkäufer jedoch nicht, wenn er Mängel arglistig verschweigt – selbst dann nicht, wenn es sich nur um scheinbare Bagatellen handelt.

Die Praxis zeigt: Wird ein Bagatellschaden verharmlost oder nicht richtig dokumentiert, kann das zu langwierigen Auseinandersetzungen führen – vor allem dann, wenn sich im Nachhinein ein größerer Schaden herausstellt, dessen Symptome bereits vor dem Kauf sichtbar waren.

Mängelhaftung und Arglist

Ein Käufer kann dann erfolgreich Gewährleistungsansprüche geltend machen, wenn er nachweisen kann, dass:

  1. Ein Mangel bereits beim Kauf bestand,
  2. der Verkäufer davon wusste oder ihn zumindest für möglich hielt, und
  3. der Schaden nicht offengelegt wurde.

Die Schwelle zur Arglist ist schnell überschritten, wenn ein Schaden zwar klein erscheint, aber versteckt oder bewusst bagatellisiert wird.

Beispiel aus der Rechtsprechung:
Der BGH entschied, dass selbst bei einem optisch unauffälligen Riss im Putz, der auf tiefergehende Setzungsprobleme hindeutet, eine Offenbarungspflicht besteht (BGH, Urteil vom 27.03.2009 – V ZR 30/08). Wird hier nicht aufgeklärt, kann Arglist unterstellt werden.

Empfehlung für Verkäufer und Käufer

  • Verkäufer: Auch scheinbare Kleinigkeiten lieber aktiv dokumentieren und offenlegen, ggf. mit Fotos oder Handwerkerrechnungen. Das erhöht die Transparenz und schützt vor Haftungsrisiken.
  • Käufer: Bei der Besichtigung gezielt nach kleinen Auffälligkeiten fragen und ggf. einen Bausachverständigen hinzuziehen. Besonders wichtig bei älteren Objekten.

5. Bagatellschäden in der Gebäudeversicherung

Wann greift die Versicherung?

Gebäudeversicherungen decken in der Regel Schäden ab, die durch bestimmte versicherte Gefahren verursacht wurden – etwa Feuer, Leitungswasser, Sturm oder Hagel. Dabei gilt: Ein Schaden muss nicht nur kausal auf ein solches Ereignis zurückzuführen sein, sondern auch eine gewisse Erheblichkeit erreichen, damit er überhaupt reguliert wird.

Bagatellschäden sind in vielen Fällen von vornherein ausgeschlossen oder liegen unterhalb der vereinbarten Selbstbeteiligung. Ein kleiner Riss in der Fassade nach einem Sturm oder ein paar gelockerte Dachziegel gelten meist nicht als entschädigungspflichtiger Versicherungsfall, wenn:

  • keine substanzielle Beschädigung der Gebäudeteile vorliegt,
  • keine Folgeschäden entstehen,
  • und der Schaden deutlich unterhalb der Selbstbeteiligung (z. B. 150 € oder 300 €) liegt.

Ausschlüsse und Selbstbeteiligung

In den Versicherungsbedingungen finden sich häufig folgende Einschränkungen:

  • Selbstbeteiligung pro Schadensfall: Viele Gebäudeversicherungen leisten erst ab einer bestimmten Schadenshöhe.
  • Abgrenzung: Pflege- vs. Schadensfall: Abnutzungen, Verschleiß oder unterlassene Wartung gelten nicht als versicherte Schäden, sondern als Unterhaltungsdefizite.
  • Bagatellgrenze in der Regulierung: Manche Versicherer behalten sich vor, Kleinschäden pauschal nicht zu regulieren, etwa unter 50 € oder bei rein kosmetischen Mängeln.

Praxisbeispiel: Nach einem starken Sturm lockern sich einige Dachpfannen. Ein Handwerker fixiert sie für 60 €. Da keine Drittschäden entstanden sind und die Rechnung unter der Selbstbeteiligung liegt, erfolgt keine Leistung durch die Versicherung.

Dokumentation trotzdem wichtig

Auch wenn ein Bagatellschaden nicht versichert ist, sollte er gründlich dokumentiert werden – insbesondere dann, wenn:

  • sich der Schaden ausweitet (z. B. wiederkehrender Wassereintritt),
  • ein späterer Schaden damit in Verbindung gebracht werden könnte,
  • oder bei einer weiteren Schadenmeldung auf einen früheren Vorfall Bezug genommen werden muss.

Wichtig: Wer Bagatellschäden selbst behebt, sollte Rechnungen und Fotos aufbewahren, um im Fall späterer Streitigkeiten beweisen zu können, dass frühere Schäden korrekt erfasst und abgegrenzt wurden.

6. Abgrenzung: Bagatellschaden vs. nicht-bagatellhafter Mangel

Warum die Unterscheidung wichtig ist

In vielen immobilienrechtlichen Kontexten ist entscheidend, ob ein Schaden als bloße Bagatelle oder als erheblicher Mangel einzustufen ist. Diese Abgrenzung beeinflusst unter anderem:

  • ob ein Käufer oder Mieter Rechte wie Minderung oder Rücktritt geltend machen kann,
  • ob der Verkäufer oder Vermieter haftet,
  • wie ein Gutachter die Bewertung vornimmt,
  • und welchen Einfluss der Schaden auf den Verkehrswert der Immobilie hat.

Ein Bagatellschaden ist per Definition unerheblich – und daher nicht geeignet, Gewährleistungsrechte oder Versicherungspflichten auszulösen. Doch was „unerheblich“ ist, entscheidet sich nicht nur am Schadensbild selbst, sondern oft auch im Zusammenspiel mit der Nutzung, der Wiederholungsgefahr oder der Gesamtlage.

Bewertung durch Sachverständige

Sachverständige beurteilen Schäden häufig anhand folgender Kriterien:

  • Technische Relevanz: Hat der Schaden Einfluss auf die Funktion oder Sicherheit des Gebäudes?
  • Wirtschaftliche Bedeutung: Übersteigt die Schadensbehebung eine „zumutbare Geringfügigkeit“?
  • Gesamteindruck: Führt der Schaden zu einem optisch oder funktional minderwertigen Zustand?
  • Wiederholungs- oder Folgeschäden: Besteht die Gefahr, dass ein kleiner Schaden größere Probleme verursacht?

Ein kleiner Riss in einer Fliese in der Küche kann bagatellhaft sein. Besteht jedoch die Gefahr, dass Feuchtigkeit eindringt und Schimmel entsteht, ist die Bagatellgrenze schnell überschritten.

Einfluss auf den Verkehrswert

Bagatellschäden wirken sich in der Regel nicht oder nur minimal auf den Verkehrswert einer Immobilie aus. In Gutachten werden sie oft als „normale Gebrauchsspuren“ oder „geringfügige optische Mängel“ bezeichnet. Anders sieht es aus, wenn sich viele solcher Schäden summieren oder ein scheinbarer Bagatellschaden Symptom eines tieferliegenden Problems ist – etwa bei feuchten Kellerwänden oder Setzungsrissen.

Rechtliche Schwellenwerte

In der Rechtsprechung wird ein Mangel meist dann nicht als Bagatelle angesehen, wenn:

  • die Behebungskosten mehr als etwa 1–2 % des Kaufpreises betragen,
  • der Schaden sicherheitsrelevant ist (z. B. defekte Elektrik, instabile Geländer),
  • oder vertragswesentliche Eigenschaften betroffen sind (z. B. Dämmstandard, Bausubstanz).

7. Bagatellschäden bei der Bauabnahme

Rolle im Bauvertragsrecht (BGB und VOB/B)

Im Bauvertragsrecht – sei es nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) oder nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/B) – spielt die Abnahme des Bauwerks eine zentrale Rolle. Sie markiert den Übergang von der Bauausführung zur Gewährleistung und hat rechtlich erhebliche Konsequenzen:

  • Der Werklohn wird fällig
  • Die Beweislast für Mängel kehrt sich um
  • Die Verjährungsfristen für Mängelansprüche beginnen

Bagatellschäden können hier die Frage aufwerfen, ob eine Abnahme verweigert werden darf – oder ob die Mängel so geringfügig sind, dass sie nicht abnahmeverhindernd wirken.

Toleranzgrenzen bei der Abnahme

Die Rechtsprechung ist sich weitgehend einig: Bagatellschäden stehen der Abnahme grundsätzlich nicht entgegen. Ein Auftraggeber kann die Abnahme nicht verweigern, wenn nur geringfügige Mängel vorhanden sind, die keine wesentlichen Auswirkungen auf die Funktionstauglichkeit oder Sicherheit des Werks haben.

BGH, Urteil vom 26.07.2007 (VII ZR 5/06):
„Ein Bauwerk ist trotz kleinerer, unwesentlicher Mängel als im Wesentlichen vertragsgerecht anzusehen.“

Was als „unwesentlich“ gilt, hängt vom Einzelfall ab. Ein kleiner Kratzer auf einer Fensterbank oder leichte Farbabweichungen im Putz gelten meist als Bagatellen. Dagegen kann ein optisch unauffälliger Schaden wesentlich sein, wenn er dauerhafte Einschränkungen verursacht oder Normabweichungen vorliegen.

Anspruch auf Nachbesserung bleibt bestehen

Wichtig: Auch wenn ein Bagatellschaden die Abnahme nicht verhindert, bleibt der Anspruch des Auftraggebers auf Nachbesserung (§ 635 BGB) bestehen. Er kann:

  • die Mängel rügen,
  • eine angemessene Frist zur Beseitigung setzen,
  • ggf. Ersatzvornahme durchführen (lassen) und die Kosten geltend machen.

Es empfiehlt sich, Bagatellmängel in einem Abnahmeprotokoll zu dokumentieren und eindeutig als „Nachbesserungsvorbehalt“ zu kennzeichnen.

8. Beweissicherung und Dokumentation

Warum Dokumentation auch bei Bagatellschäden wichtig ist

Bagatellschäden mögen klein sein, doch ihre rechtliche Bedeutung sollte nicht unterschätzt werden. In vielen Fällen entscheidet die Dokumentation des Schadens darüber, ob später Ansprüche erfolgreich geltend gemacht werden können – etwa im Rahmen der Mängelhaftung, der Versicherungsregulierung oder bei Kaufverträgen.

Gerade weil Bagatellschäden häufig übersehen oder als „nicht der Rede wert“ behandelt werden, kommt es in der Praxis immer wieder zu Problemen, wenn:

  • spätere Schäden auf einen nicht dokumentierten Bagatellschaden zurückzuführen sind,
  • die Haftung unklar ist (z. B. nach einem Eigentümerwechsel),
  • oder Beweise fehlen, weil eine mündliche Beanstandung nicht nachgewiesen werden kann.

Was gehört zur Beweissicherung?

Eine ordnungsgemäße Beweissicherung bei Bagatellschäden umfasst:

  1. Fotodokumentation
    • Nahaufnahmen mit Maßstab (z. B. Lineal, Münze)
    • Übersichtsaufnahmen zum räumlichen Kontext
    • Datum und Uhrzeit speichern
  2. Schriftliche Beschreibung
    • Ort des Schadens (Raum, Wand, Bauteil)
    • Art und Ausmaß (z. B. „2 cm Riss horizontal unterhalb des Fensterrahmens“)
    • Zeitpunkt der Feststellung
  3. Dokumentierte Mängelrüge
    • Formelle Anzeige an Vermieter, Verkäufer oder Bauunternehmen
    • Nachweis der Zustellung (z. B. Einschreiben, E-Mail mit Lesebestätigung)
  4. Gutachterliche Einschätzung (bei Bedarf)
    • Einschaltung eines Sachverständigen zur Klärung von Ursache, Bedeutung und Reparaturkosten – vor allem bei wiederkehrenden oder unklaren Schäden

Wann ist eine Bagatell-Dokumentation besonders ratsam?

  • Bei Mietverhältnissen – z. B. bei Übergabe/Abnahmeprotokollen
  • Vor und nach Bauabnahmen
  • Vor einem Immobilienverkauf
  • Bei Schadensfällen mit Versicherungsbezug
  • Zur Nachweisführung bei Gewährleistungsfristen

Tipp für Eigentümer und Käufer

Ein strukturierter Mängelbericht (z. B. als Checkliste mit Fotos) kann helfen, auch kleine Schäden rechtzeitig zu erkennen und zu klassifizieren. Moderne Tools wie digitale Übergabeprotokolle oder Bau-Apps erleichtern die Beweissicherung deutlich und verbessern die Kommunikation mit Fachfirmen oder Versicherern.

9. Fazit

Bagatellschäden mögen auf den ersten Blick unbedeutend erscheinen, doch ihre Einordnung hat in der Immobilienpraxis erhebliche Konsequenzen. Ob im Mietrecht, beim Immobilienverkauf, in der Bauabnahme oder gegenüber der Gebäudeversicherung – stets geht es um die Frage, ob ein Schaden so geringfügig ist, dass keine rechtlichen oder finanziellen Ansprüche ausgelöst werden.

Da es keine starre gesetzliche Definition des Begriffs gibt, hängt die Bewertung immer vom konkreten Einzelfall ab. Ein vermeintlich kleiner Mangel kann bei tiefergehender Betrachtung durchaus eine wesentliche Beeinträchtigung darstellen – etwa durch Wiederholungsgefahr, versteckte Ursachen oder Sicherheitsrisiken.

Für Eigentümer, Mieter, Käufer und Bauherren gilt daher:

  • Nicht verharmlosen, aber auch nicht dramatisieren: Eine sachliche Beurteilung ist der Schlüssel.
  • Dokumentation ist Pflicht: Auch Bagatellschäden sollten nachvollziehbar erfasst werden – insbesondere bei Übergaben, Verkäufen oder Bauabnahmen.
  • Rechtskontext beachten: Was im Mietrecht noch als Bagatelle gilt, kann im Versicherungs- oder Kaufrecht ganz anders beurteilt werden.
  • Im Zweifel Fachleute einbinden: Ein erfahrener Sachverständiger oder Jurist kann helfen, Risiken zu erkennen und strategisch zu handeln.
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