1. Einführung
Die Grundsteuer ist für viele Immobilienbesitzer ein eher stiller, aber dauerhaft präsenter Kostenfaktor. Jahr für Jahr wird sie von den Kommunen erhoben – unabhängig davon, ob es sich um ein selbstgenutztes Einfamilienhaus, ein vermietetes Mehrfamilienhaus oder ein unbebautes Grundstück handelt. Dennoch ist das Verständnis rund um diese Steuerart oft lückenhaft.
Dabei ist die Grundsteuer nicht nur relevant für die laufenden Kosten eines Immobilienbesitzers, sondern auch für Investitionsentscheidungen, die Wirtschaftlichkeit von Vermietung und die Einschätzung von Standortvorteilen. Besonders seit der Grundsteuerreform, die 2022 in Kraft getreten ist, hat sich das Interesse an den zugrunde liegenden Berechnungen und Bewertungsverfahren deutlich erhöht.
In diesem Artikel geben wir Ihnen einen umfassenden Überblick über alles, was Sie zur Grundsteuer wissen müssen – von den gesetzlichen Grundlagen über die unterschiedlichen Berechnungsmodelle bis hin zu praktischen Tipps für Eigentümer. Ziel ist es, Transparenz zu schaffen, Unsicherheiten zu beseitigen und Sie in die Lage zu versetzen, informierte Entscheidungen rund um Ihre Immobilie zu treffen.
2. Gesetzliche Grundlage und Zuständigkeiten
Die Grundsteuer ist eine Gemeindesteuer, die auf den Besitz von Grundstücken und Immobilien erhoben wird. Das bedeutet: Die Einnahmen aus der Grundsteuer fließen direkt in die Kassen der Städte und Gemeinden und bilden dort eine bedeutende Finanzierungsquelle für die kommunale Infrastruktur – etwa für Straßen, Schulen, Kindergärten oder öffentliche Grünanlagen.
Wer erhebt die Grundsteuer?
Zuständig für die Festsetzung und Erhebung der Grundsteuer sind mehrere staatliche Ebenen:
- Finanzämter der Bundesländer
Sie sind für die Bewertung der Grundstücke zuständig und berechnen auf dieser Basis den sogenannten Grundsteuermessbetrag. Dabei wenden sie entweder das Bundesmodell oder ein eigenes Landesmodell an – je nachdem, in welchem Bundesland sich die Immobilie befindet. - Gemeinden und Städte
Sie legen den sogenannten Hebesatz fest, der auf den Grundsteuermessbetrag angewendet wird. Durch diesen Hebesatz können die Kommunen ihre Einnahmen anpassen – etwa um auf Haushaltsdefizite oder Investitionsbedarfe zu reagieren. Die Höhe variiert stark je nach Standort. - Grundsteuerpflichtige
Eigentümer von Grundstücken und Immobilien sind verpflichtet, die Grundsteuer regelmäßig zu zahlen. Die Zahlung erfolgt in der Regel vierteljährlich (zum 15. Februar, 15. Mai, 15. August und 15. November).
Gesetzliche Grundlagen
Die rechtlichen Rahmenbedingungen der Grundsteuer finden sich vor allem in zwei zentralen Gesetzen:
- Grundsteuergesetz (GrStG): Regelt die Art der Steuer, Zuständigkeiten, Zahlungsmodalitäten und weitere Grundsätze.
- Bewertungsgesetz (BewG): Legt die Bewertungsverfahren zur Ermittlung des Grundstückswerts fest, die als Basis für die Steuer dienen.
Im Zuge der Grundsteuerreform wurde zusätzlich das Grundsteuer-Reformgesetz eingeführt, das die Neubewertung der Grundstücke ab 1. Januar 2025 regelt und neue Berechnungsgrundlagen schafft. In der Übergangszeit gelten parallel alte und neue Regelungen.
3. Arten der Grundsteuer
Die Grundsteuer wird in Deutschland in verschiedene Kategorien unterteilt. Diese Unterscheidung ist wichtig, weil je nach Nutzung des Grundstücks unterschiedliche Besteuerungsgrundlagen gelten. Die drei zentralen Arten sind:
3.1 Grundsteuer A – für Land- und Forstwirtschaft
Die Grundsteuer A (A = „agrarisch“) betrifft Flächen, die land- oder forstwirtschaftlich genutzt werden. Dazu zählen beispielsweise:
- Ackerland
- Wiesen und Weiden
- Obstplantagen
- Forstflächen (Wald)
Diese Flächen unterliegen einer eigenen Bewertungsmethodik, die die landwirtschaftliche Ertragsfähigkeit und Bodenqualität berücksichtigt. Ziel ist es, diese Flächen nicht übermäßig zu belasten, um die wirtschaftliche Nutzung nicht zu gefährden.
3.2 Grundsteuer B – für bebaute und unbebaute Grundstücke
Die Grundsteuer B (B = „baulich“) betrifft den größten Teil aller Immobilien und Grundstücke in Deutschland. Sie wird auf folgende Objekte erhoben:
- Selbstgenutzte Wohnhäuser
- Mietwohnhäuser
- Eigentumswohnungen
- Gewerbeimmobilien
- Unbebaute, aber baureife Grundstücke
Die Bewertung erfolgt anhand verschiedener Faktoren wie Lage, Grundstücksgröße, Gebäudeart und Mietniveaustufe. Die Grundsteuer B ist für Städte und Gemeinden besonders relevant, da sie hier den Großteil der Grundsteuereinnahmen generieren.
3.3 Grundsteuer C – neue Kategorie für baureife, unbebaute Grundstücke
Mit der Grundsteuerreform 2022 wurde eine neue Kategorie eingeführt: die Grundsteuer C. Sie ist nicht bundesweit verpflichtend, sondern optional und kann von Kommunen eingeführt werden.
Ziel der Grundsteuer C ist es, Spekulation mit unbebauten, aber baureifen Grundstücken zu verhindern. Kommunen erhalten durch sie die Möglichkeit, einen höheren Hebesatz für diese Flächen zu erheben, um Eigentümer zur Bebauung zu motivieren und dem Wohnraummangel entgegenzuwirken.
Allerdings nutzen bisher nur wenige Städte dieses Instrument – die Umsetzung ist kommunalpolitisch oft umstritten.
4. Die Grundsteuerreform 2022
Die Grundsteuerreform zählt zu den bedeutendsten steuerpolitischen Veränderungen der letzten Jahrzehnte in Deutschland. Sie war notwendig, weil das bisherige Berechnungsmodell verfassungswidrig war – es verstieß gegen das Gleichbehandlungsgebot im Grundgesetz.
Hintergrund der Reform
Das Bundesverfassungsgericht erklärte im April 2018 die bisherige Bewertungspraxis für verfassungswidrig, da die zugrunde liegenden Einheitswerte auf völlig veralteten Daten basierten:
- In den alten Bundesländern: Werte von 1964
- In den neuen Bundesländern: Werte von 1935
Diese jahrzehntelange Ungleichbehandlung führte dazu, dass ähnliche Immobilien je nach Lage, Alter und Region ungleich besteuert wurden – zum Nachteil vieler Steuerpflichtiger.
Das Gericht setzte dem Gesetzgeber eine Frist zur Neuregelung bis Ende 2019. Diese wurde mit dem Grundsteuer-Reformgesetz erfüllt.
Ziel der Reform
Die Reform verfolgt mehrere Ziele:
- Rechtssicherheit und Gleichbehandlung schaffen
- Einfachere, transparente Bewertungsmodelle
- Gleichbleibendes Steueraufkommen für Kommunen trotz neuer Bewertungsbasis
- Berücksichtigung der aktuellen Immobilienwerte und Nutzungsarten
Kernpunkte der Reform
- Neubewertung aller Grundstücke in Deutschland zum Stichtag 1. Januar 2022
- Einführung eines bundesweit einheitlichen Modells (sogenanntes Bundesmodell) mit folgenden Parametern:
- Grundstücksfläche
- Bodenrichtwert
- Immobilienart (z. B. Einfamilienhaus, Mietwohngrundstück)
- Nettokaltmiete (typisiert nach Mietniveaustufen)
- Baujahr des Gebäudes
- Einführung von Länderöffnungsklauseln: Die Bundesländer dürfen eigene Berechnungsmodelle einführen. Einige haben davon Gebrauch gemacht (z. B. Bayern, Baden-Württemberg).
- Start der neuen Grundsteuer ab dem 1. Januar 2025 – bis dahin bleibt das alte System in Kraft.
Neue Grundsteuererklärung
Alle Eigentümer mussten 2022 (bzw. in einigen Ländern bis Anfang 2023) eine Grundsteuererklärung abgeben. Diese war erforderlich, um die Neuberechnung auf Basis aktueller Werte durchzuführen.
5. Berechnung der Grundsteuer
Die Berechnung der Grundsteuer erfolgt in drei Schritten – sowohl im alten als auch im neuen System. Die genauen Rechenschritte sind grundsätzlich gleich geblieben, aber die Bewertungsverfahren und Eingangsgrößen haben sich im Zuge der Reform deutlich geändert.
5.1 Berechnungsformel (Grundprinzip)
Die Grundsteuer wird wie folgt berechnet:
Grundsteuer = Grundstückswert × Steuermesszahl × Hebesatz der Gemeinde
Dabei stehen die Komponenten für:
- Grundstückswert
- Im alten System: Einheitswert (basierend auf jahrzehntealten Werten)
- Im neuen System: aktueller Grundstückswert (abhängig vom Bodenrichtwert, Nutzung, Fläche, Alter etc.)
- Steuermesszahl
- Ein Prozentsatz, der gesetzlich festgelegt ist
- Ziel: Gleichmäßige Belastung sicherstellen
- Neue Steuermesszahlen sind niedriger als früher, um Wertsteigerungen auszugleichen
- Hebesatz
- Wird von jeder Gemeinde individuell festgelegt
- Großer Hebel für die Steuerhöhe
- Beispiel: In München liegt der Hebesatz bei über 500 %, in ländlichen Gebieten teils unter 300 %
5.2 Beispiel: Alte vs. neue Berechnung
Beispiel (vereinfacht) – Alt
- Einheitswert: 40.000 €
- Steuermesszahl: 0,35 %
- Hebesatz: 400 %
Rechnung:
40.000 € × 0,0035 = 140 €
140 € × 400 % = 560 € Jahresgrundsteuer
Beispiel – Neu (Bundesmodell)
- Grundstückswert: 250.000 €
- Steuermesszahl: 0,034 %
- Hebesatz: 400 %
Rechnung:
250.000 € × 0,00034 = 85 €
85 € × 400 % = 340 € Jahresgrundsteuer
➡️ Hinweis: Obwohl der neue Grundstückswert deutlich höher ist, ist die Steuerlast geringer, da die Steuermesszahl stark gesenkt wurde. Genau darin liegt der Ausgleichsmechanismus des neuen Modells.
5.3 Besonderheiten bei der Berechnung
- Bei Mietwohngrundstücken fließen typisierte Nettokaltmieten ein.
- Für Ein- und Zweifamilienhäuser gelten pauschale Abzüge (sog. typisierte Mieterträge).
- Bei Gewerbeimmobilien ist die Bewertung oft komplexer und kann zusätzlich Sonderfaktoren einbeziehen.
- Die Grundsteuer C ermöglicht einen erhöhten Hebesatz für unbebaute, aber baureife Grundstücke.
6. Unterschiede nach Bundesländern
Ein zentrales Merkmal der Grundsteuerreform ist die sogenannte Öffnungsklausel: Bundesländer dürfen vom einheitlichen Bundesmodell abweichen und ein eigenes Bewertungsmodell für die Grundsteuer entwickeln. Dadurch gibt es nun unterschiedliche Berechnungsgrundlagen je nach Bundesland, was die Grundsteuerlandschaft in Deutschland komplexer, aber auch flexibler macht.
6.1 Das Bundesmodell
Das Bundesmodell kommt in folgenden Bundesländern zur Anwendung:
- Berlin
- Brandenburg
- Bremen
- Mecklenburg-Vorpommern
- Nordrhein-Westfalen
- Rheinland-Pfalz
- Sachsen-Anhalt
- Schleswig-Holstein
- Thüringen
Merkmale des Bundesmodells:
- Ertragswertverfahren: Bewertet Grundstücke auf Basis fiktiver Mieteinnahmen.
- Faktoren:
- Grundstücksfläche
- Bodenrichtwert
- Gebäudenutzungsart
- Alter des Gebäudes
- Typisierte Nettokaltmiete (je nach Mietniveaustufe)
Das Bundesmodell ist vergleichsweise aufwendig, berücksichtigt jedoch sowohl die Lagequalität als auch die Nutzung – was zu einer differenzierten Besteuerung führt.
6.2 Die Länder mit eigenen Modellen
Mehrere Bundesländer haben eigene, zum Teil deutlich vereinfachte Modelle eingeführt:
Bundesland | Modelltyp | Besonderheiten |
Bayern | Flächenmodell | Nur Grundstücks- und Gebäudefläche zählen |
Baden-Württemberg | Modifiziertes Bodenwertmodell | Nur Bodenrichtwert und Fläche berücksichtigt |
Hamburg | Wohnlagemodell | Unterscheidung nach einfacher/guter Wohnlage |
Hessen | Flächen-Faktor-Modell | Flächen × Lagefaktor (Basierend auf Bodenwert) |
Niedersachsen | Flächen-Lage-Modell | Kombination aus Fläche und Bodenrichtwert |
Saarland & Sachsen | Abweichungen im Bundesmodell | Modifizierte Steuermesszahlen |
Diese Länder wollten bewusst einfachere und weniger bürokratische Modelle schaffen. Kritiker bemängeln allerdings, dass die Einfachheit teilweise zu Ungerechtigkeiten führen kann – z. B. bei sehr zentralen Lagen mit hoher Marktmiete, die steuerlich kaum stärker belastet werden als Randlagen.
6.3 Auswirkungen für Eigentümer
- Die Wahl des Modells hat direkte Auswirkungen auf die Höhe der Grundsteuer.
- Wer Immobilien in mehreren Bundesländern besitzt, muss sich mit verschiedenen Regelwerken auseinandersetzen.
- Einheitliche Vergleichbarkeit ist schwieriger geworden, was besonders Investoren und institutionelle Eigentümer betrifft.
7. Fristen und Pflichten für Eigentümer
Mit der Reform der Grundsteuer wurden auch neue Mitwirkungspflichten für Grundstückseigentümer eingeführt. Wer ein Grundstück oder eine Immobilie besitzt, ist verpflichtet, bestimmte Daten an die Finanzverwaltung zu übermitteln – rechtzeitig und vollständig. Die Abgabe der sogenannten Grundsteuererklärung war ein zentraler Schritt im Zuge der Neuberechnung.
7.1 Abgabefristen
Die erste Abgabewelle begann im Jahr 2022. Die Fristen sahen wie folgt aus:
- Start: 1. Juli 2022
- Ursprüngliche Frist: 31. Oktober 2022
- Verlängerung (bundesweit): bis 31. Januar 2023
Je nach Bundesland konnten zusätzliche Erleichterungen oder Fristverlängerungen gewährt werden. Eigentümer, die ihre Erklärung nicht fristgerecht abgegeben haben, mussten mit Erinnerungsschreiben und ggf. Verspätungszuschlägen rechnen.
Für künftige Änderungen (z. B. Eigentümerwechsel, Umnutzung, Anbauten) gilt:
Eigentümer müssen Änderungen, die Einfluss auf die Grundsteuer haben, innerhalb eines Monats anzeigen.
7.2 Pflicht zur Grundsteuererklärung
Die Grundsteuererklärung (Feststellungserklärung) war für nahezu alle Eigentümer verpflichtend – auch für:
- Selbstgenutzte Immobilien
- Ferienhäuser
- Unbebaute Grundstücke
- Teileigentum (z. B. Tiefgaragenplätze, Eigentumswohnungen)
Inhalte der Erklärung (abhängig vom Modell):
- Flurstücksnummer
- Grundstücksfläche
- Bodenrichtwert
- Baujahr und Wohnfläche
- Nutzung (z. B. Eigennutzung, Vermietung, Gewerbe)
- Gebäudeart
Die Erklärung musste elektronisch über ELSTER (Online-Portal der Finanzverwaltung) oder mit Hilfe von Steuerberatern bzw. Softwarelösungen eingereicht werden.
7.3 Folgen bei Versäumnis
Wer die Erklärung nicht fristgerecht eingereicht hat, musste mit folgenden Konsequenzen rechnen:
- Erinnerungsschreiben vom Finanzamt
- Verspätungszuschläge (können automatisch festgesetzt werden)
- Schätzungen durch das Finanzamt – meist zum Nachteil des Eigentümers
- In letzter Konsequenz: Zwangsgelder oder Bußgelder
8. Auswirkungen auf Eigentümer und Mieter
Die Grundsteuer betrifft nicht nur die Eigentümer, sondern kann sich – je nach Nutzung der Immobilie – auch auf Mieter und die allgemeinen Wohnkosten auswirken. Im Rahmen der Reform stellt sich daher häufig die Frage: Wer zahlt die Grundsteuer am Ende wirklich?
8.1 Eigentümer: Träger der Steuerpflicht
Formal ist der Eigentümer des Grundstücks oder der Immobilie immer der Steuerschuldner. Er erhält den Grundsteuerbescheid von der Gemeinde und muss die festgesetzte Steuer pünktlich zahlen – in der Regel vierteljährlich zu folgenden Terminen:
15. Februar
15. Mai
15. August
15. November
8.2 Umlegbarkeit auf Mieter
Im Mietverhältnis dürfen Vermieter die Grundsteuer als Teil der Betriebskosten auf die Mieter umlegen – sofern dies im Mietvertrag ausdrücklich vereinbart ist. Die Umlage erfolgt in der Nebenkostenabrechnung unter der Position „öffentliche Lasten des Grundstücks“.
Wichtig:
- Die Grundsteuer ist nicht pauschal umlegbar – sie muss transparent abgerechnet und entsprechend dem tatsächlichen Aufwand verteilt werden.
- Bei gewerblichen Mietverträgen kann die Umlage abweichend geregelt sein (z. B. in Form von „Netto-Kaltmieten zzgl. aller Nebenkosten“).
8.3 Auswirkungen durch die Reform
Ein zentrales Ziel der Reform war die Aufkommensneutralität: Die Gesamteinnahmen der Kommunen durch die Grundsteuer sollten im Bundesdurchschnitt nicht steigen. Allerdings hängt die tatsächliche Steuerlast stark vom Bewertungsmodell, der Objektart und dem kommunalen Hebesatz ab.
Mögliche Folgen für Eigentümer und Mieter:
- In gefragten Lagen mit hohen Bodenrichtwerten kann die Steuer deutlich steigen, besonders bei vermieteten Mehrfamilienhäusern.
- In strukturschwachen Regionen kann sie sinken, wenn die neue Bewertung niedrigere Werte ergibt.
- Kommunen könnten ihre Hebesätze anpassen, um Einnahmeverluste auszugleichen oder gezielt zu steuern.
8.4 Politische Diskussion: Umlage abschaffen?
In der politischen Debatte wurde wiederholt gefordert, die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf Mieter abzuschaffen, um zusätzliche Belastungen für Haushalte zu vermeiden – besonders in Zeiten steigender Wohnkosten. Bislang wurde dies jedoch nicht umgesetzt.
9. Tipps für Eigentümer
Die Grundsteuer mag auf den ersten Blick wie eine fixe Abgabe erscheinen, die man nicht beeinflussen kann – doch es gibt durchaus Gestaltungsspielräume und Handlungsmöglichkeiten, die Eigentümer kennen sollten. Besonders im Zuge der Reform lohnt es sich, genau hinzuschauen.
9.1 Sorgfältige Grundsteuererklärung
Der wichtigste Hebel zur Vermeidung unnötiger Belastungen ist eine korrekte und vollständige Grundsteuererklärung. Fehler oder unvollständige Angaben können zu falschen Bewertungen und höheren Steuerbescheiden führen.
Praktische Tipps:
- Prüfen Sie die Bodenrichtwerte über die offiziellen Plattformen der Bundesländer.
- Achten Sie bei Flächenangaben auf Unterscheidungen zwischen Wohnfläche, Nutzfläche und Grundstücksfläche.
- Kontrollieren Sie das Baujahr des Gebäudes sowie Modernisierungen, die den Gebäudewert beeinflussen könnten.
- Nutzen Sie ELSTER oder zugelassene Steuer-Software für die digitale Abgabe.
9.2 Widerspruchsmöglichkeiten prüfen
Sollte der Grundsteuerwertbescheid oder der Steuermessbescheid fehlerhaft oder überraschend hoch ausfallen, haben Eigentümer das Recht, innerhalb eines Monats Einspruch einzulegen.
Achten Sie dabei auf:
- Plausibilität der zugrunde gelegten Werte (z. B. Bodenrichtwert, Miete, Flächen)
- Abweichungen bei Nutzung oder Objektart
- Formale Fehler im Bescheid
9.3 Hebesatz im Blick behalten
Da der Hebesatz von der Kommune bestimmt wird, lohnt es sich, diesen im Auge zu behalten – besonders bei Investitionen in neue Immobilien. Ein Standort mit niedrigem Hebesatz kann dauerhaft erhebliche Steuervorteile bedeuten.
Vergleichsportale und offizielle Listen der Gemeinden bieten einen schnellen Überblick über Hebesätze in verschiedenen Regionen.
9.4 Steuerberater oder Eigentümerverbände nutzen
Wer sich bei der Bewertung oder Erklärung unsicher ist, sollte den Rat von Fachleuten einholen – z. B.:
- Steuerberater (insbesondere bei komplexen Immobilienportfolios)
- Haus- und Grundbesitzervereine
- Eigentümergemeinschaften mit rechtlicher Beratung
Gerade in Bundesländern mit abweichenden Bewertungsmodellen kann professionelle Unterstützung vor Fehlern schützen und steuerliche Optimierungspotenziale aufdecken.
9.5 Steuerlich absetzbar?
Für vermietete Immobilien kann die gezahlte Grundsteuer als Betriebsausgabe steuerlich geltend gemacht werden. Sie mindert die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in der Einkommensteuererklärung.
10. Zukunftsausblick
Die Reform der Grundsteuer war ein großer Schritt in Richtung mehr Transparenz und Aktualität – doch sie markiert keineswegs das Ende der Entwicklung. Vielmehr steht das neue System nun auf dem Prüfstand: In der Praxis müssen sich sowohl die Berechnungsmodelle als auch die Verwaltungsprozesse in den kommenden Jahren bewähren.
10.1 Erste Erfahrungswerte ab 2025
Ab dem 1. Januar 2025 wird die neu berechnete Grundsteuer erstmals erhoben. Damit wird sich zeigen:
- Wie gerecht das neue System tatsächlich ist
- Ob die aufkommensneutrale Zielsetzung eingehalten werden kann
- Welche Regionen und Eigentümergruppen stärker belastet werden – und welche entlastet
Insbesondere in Städten mit stark gestiegenen Bodenrichtwerten könnte es zu höheren Belastungen kommen. In ländlichen Gegenden mit niedrigen Werten sind dagegen Entlastungen möglich.
10.2 Rechtliche Überprüfungen
Schon vor dem Inkrafttreten des neuen Systems wurden zahlreiche Verfassungsbeschwerden eingereicht – vor allem gegen das Bundesmodell. Kritiker argumentieren:
- Das Modell sei zu pauschalisiert (z. B. typisierte Mieten statt tatsächlicher Werte)
- Eigentümer gleichartiger Immobilien würden unterschiedlich belastet
- Die Modelle der Länder führten zu neuen Ungleichheiten
Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass die Reform erneut vor dem Bundesverfassungsgericht landet.
10.3 Kommunale Hebesätze unter Druck
Die Kommunen behalten das Recht, ihre Hebesätze autonom festzulegen. Sollte das neue System zu unerwünschten Einnahmeverschiebungen führen, könnten Städte mit Haushaltssorgen gezwungen sein, ihre Hebesätze deutlich anzuheben.
Das hätte zwei mögliche Folgen:
- Steigende Belastungen für Eigentümer und Mieter trotz Reform
- Wettbewerb um Investitionen, da steuerlich attraktivere Städte Investoren anziehen könnten
10.4 Digitalisierung und Bürokratieabbau
Die Umsetzung der Reform war für viele Eigentümer eine bürokratische Hürde. In Zukunft wird erwartet, dass:
- digitale Grundsteuerkonten und vereinfachte Online-Portale entwickelt werden
- Eigentümerdaten künftig automatisiert aus Kataster- und Meldesystemen bezogen werden
- die Abgabe von Erklärungen bei Neubauten oder Eigentümerwechseln vereinfacht wird
11. Fazit
Die Grundsteuer ist eine der wichtigsten und zugleich oft unterschätzten Abgaben für Immobilieneigentümer in Deutschland. Mit der Reform, die ab dem 1. Januar 2025 in Kraft tritt, wurde das gesamte System grundlegend neu strukturiert – mit dem Ziel, gerechter, aktueller und transparenter zu werden.
Für Eigentümer bringt das sowohl Chancen als auch Herausforderungen:
- Die Unterschiede zwischen den Bundesländern durch eigene Bewertungsmodelle erfordern ein genaueres Hinsehen – insbesondere bei Immobilienbesitz in mehreren Regionen.
- Die Pflicht zur aktiven Mitwirkung durch Abgabe der Grundsteuererklärung war ein Novum, das viele Eigentümer zur Auseinandersetzung mit ihrer Immobilie gezwungen hat.
- Die zukünftige Grundsteuerlast hängt nun stärker von objektiven Marktwertfaktoren ab – aber auch von politischen Entscheidungen auf kommunaler Ebene, wie der Höhe des Hebesatzes.
Für Mieter stellt sich die Frage, ob und in welchem Umfang die Grundsteuer weiter umgelegt wird – eine Thematik, die zunehmend politisch diskutiert wird.
Was bleibt?
- Eine gut informierte Eigentümerin oder ein gut informierter Eigentümer kann Fehler vermeiden, unnötige Kosten senken und rechtzeitig reagieren, etwa bei fehlerhaften Bescheiden oder ungünstiger Hebesatzentwicklung.
- Die Grundsteuer ist kein starres System, sondern ein dynamisches Steuerungsinstrument, das Einfluss auf die Stadtentwicklung, den Wohnungsmarkt und Investitionen hat.
Mit einem klaren Verständnis der neuen Regeln und den richtigen Informationen sind Eigentümer gut aufgestellt, um auch unter dem neuen System rechtssicher und vorausschauend zu handeln.