Kapitalertragssteuer bei Immobilien

1. Was ist die Kapitalertragssteuer?

Die Kapitalertragssteuer ist eine besondere Form der Besteuerung von Einkünften, die aus Kapitalvermögen stammen. Dazu zählen typischerweise Zinsen, Dividenden oder Gewinne aus dem Verkauf von Aktien und anderen Finanzanlagen. In Deutschland beträgt der pauschale Steuersatz auf solche Erträge aktuell 25 % zuzüglich Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer – das Ganze wird häufig unter dem Begriff „Abgeltungssteuer“ zusammengefasst.

Doch wie passt das zum Thema Immobilien?

Immobilien: Keine klassische Kapitalerträge

Beim Verkauf einer Immobilie entsteht kein Kapitalertrag im klassischen Sinne, sondern ein Veräußerungsgewinn. Dieser wird steuerlich nicht mit der Kapitalertragssteuer belegt, sondern fällt unter die Einkommensteuer, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind – insbesondere, wenn der Verkauf innerhalb der sogenannten Spekulationsfrist erfolgt.

Deshalb ist es wichtig, den Begriff „Kapitalertragssteuer“ im Zusammenhang mit Immobilien nicht zu wörtlich zu nehmen. Umgänglich wird der Begriff jedoch von vielen verwendet, wenn sie eigentlich die steuerliche Belastung meinen, die beim Gewinn aus einem privaten Immobilienverkauf entstehen kann. Korrekt ist hier die Rede von der Besteuerung nach § 23 des Einkommensteuergesetzes (EStG) – dort sind die sogenannten privaten Veräußerungsgeschäfte geregelt.

Wann ist das Thema für Immobilieneigentümer relevant?

Die Frage der steuerlichen Belastung beim Verkauf wird vor allem dann relevant, wenn:

  • die Immobilie nicht selbst genutzt wurde (z. B. Vermietung),
  • sie innerhalb von 10 Jahren nach dem Kauf weiterverkauft wird,
  • oder besondere Umstände wie Erbschaft oder Schenkung eine Rolle spielen.

In diesen Fällen prüft das Finanzamt, ob ein steuerpflichtiger Gewinn entstanden ist – und wenn ja, wird dieser mit dem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert, nicht mit der pauschalen Kapitalertragssteuer.

2. Wann fällt beim Immobilienverkauf eine Steuer an?

Ob beim Verkauf einer Immobilie überhaupt eine Steuer anfällt, hängt maßgeblich davon ab, wie lange die Immobilie gehalten wurde und wie sie genutzt wurde. Denn nicht jeder Immobilienverkauf ist automatisch steuerpflichtig. Entscheidend ist, ob ein sogenanntes privates Veräußerungsgeschäft im Sinne von § 23 Einkommensteuergesetz (EStG) vorliegt.

Steuerpflichtig: Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist

Ein Immobilienverkauf ist steuerpflichtig, wenn folgende Voraussetzungen zutreffen:

  • Die Immobilie wurde innerhalb von zehn Jahren nach dem Kauf wieder verkauft (Spekulationsfrist),
  • Ein Gewinn aus dem Verkauf ist entstanden, also der Verkaufspreis liegt über dem ursprünglichen Kaufpreis,
  • Es handelt sich um Privatvermögen – also keine gewerblich gehandelte Immobilie.

Beispiel: Du kaufst eine Eigentumswohnung im Jahr 2020 für 300.000 €. 2025 verkaufst du sie für 400.000 €. Der Gewinn von 100.000 € ist steuerpflichtig – sofern keine Ausnahmen greifen (z. B. Eigennutzung).

Steuerfrei: Verkauf nach 10 Jahren oder bei Eigennutzung

Wenn du die Immobilie mehr als 10 Jahre besitzt oder sie selbst genutzt hast, bleibt der Gewinn beim Verkauf steuerfrei (Details dazu im nächsten Kapitel).

So wird der Gewinn berechnet

Für die Besteuerung wird nicht der gesamte Verkaufserlös angesetzt, sondern nur der reine Gewinn, also:

Veräußerungsgewinn = Verkaufspreis – Anschaffungskosten – Verkaufsnebenkosten – ggf. Werbungskosten

Beispiele für relevante Kosten:

  • Notarkosten und Grundbuchgebühren beim Kauf
  • Maklerprovision beim Verkauf
  • Modernisierungsmaßnahmen (unter bestimmten Bedingungen)
  • Werbungskosten wie Inseratskosten

Beispielrechnung:

PositionBetrag
Verkaufspreis400.000 €
Anschaffungskosten (2020)300.000 €
Maklerkosten (Verkauf)–15.000 €
Gewinn85.000 €

Dieser Gewinn wäre innerhalb der 10-Jahres-Frist grundsätzlich steuerpflichtig.

Zu versteuern mit dem persönlichen Einkommensteuersatz

Im Gegensatz zur pauschalen Kapitalertragssteuer (z. B. bei Aktiengewinnen), wird der Immobiliengewinn als sonstiges Einkommen behandelt und mit dem persönlichen Einkommensteuersatz besteuert. Je nach Gesamteinkommen kann dieser bei 14 % bis 45 % (zzgl. Soli/Kirchensteuer) liegen.

3. Die Spekulationsfrist

Die Spekulationsfrist ist ein zentrales Element im deutschen Steuerrecht, wenn es um private Immobilienverkäufe geht. Sie entscheidet darüber, ob ein Verkaufsgewinn steuerpflichtig oder steuerfrei ist.

Was ist die Spekulationsfrist?

Die Spekulationsfrist bezeichnet den Zeitraum, innerhalb dessen der Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie versteuert werden muss, wenn die Immobilie nicht selbst genutzt wurde. Diese Frist beträgt 10 Jahre und beginnt mit dem Datum des notariellen Kaufvertrags.

Wichtig: Es geht um das Datum des Kaufvertrags, nicht um den Tag der Zahlung oder der Schlüsselübergabe.

Wann endet die Spekulationsfrist?

Die Frist endet genau 10 Jahre nach dem Anschaffungszeitpunkt – also 10 Jahre nach dem notariellen Kaufvertrag.

Beispiel:

  • Kaufdatum: 15.08.2015
  • Verkauf ohne Steuerpflicht möglich ab: 16.08.2025

Selbst wenn der Verkauf am 10.08.2025 erfolgt – also nur wenige Tage vor Ablauf – ist der Gewinn voll steuerpflichtig. Deshalb ist eine exakte zeitliche Planung wichtig.

Beispiel: Steuerpflichtiger vs. steuerfreier Verkauf

Beispiel 1 – Verkauf nach 8 Jahren:

  • Kauf: 2017 für 250.000 €
  • Verkauf: 2025 für 350.000 €
  • Gewinn: 100.000 € → steuerpflichtig, da innerhalb der 10 Jahre

Beispiel 2 – Verkauf nach 11 Jahren:

  • Kauf: 2010 für 200.000 €
  • Verkauf: 2021 für 300.000 €
  • Gewinn: 100.000 € → steuerfrei, da Spekulationsfrist überschritten

Sonderfälle innerhalb der Frist

Die Spekulationsfrist gilt nicht, wenn:

  • die Immobilie ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (siehe nächster Part),
  • oder im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren ausschließlich zur Eigennutzung diente.

Aber Vorsicht: Kurzzeitige Eigennutzung reicht nicht aus, um die Steuerpflicht zu umgehen. Wer beispielsweise nur für drei Monate vor dem Verkauf einzieht, profitiert nicht von der Steuerfreiheit.

Neubau auf altem Grundstück: Frist beginnt neu

Ein häufig übersehener Fall:
Wenn ein Grundstück seit mehr als 10 Jahren gehalten wird, aber neu bebaut wird, beginnt für das neue Gebäude die Spekulationsfrist neu.

Das bedeutet: Auch wenn das Grundstück selbst seit Jahrzehnten im Besitz ist, kann der Verkauf eines darauf neu errichteten Hauses steuerpflichtig sein – bezogen auf das Gebäude.

4. Steuerfreiheit bei Eigennutzung

Auch wenn die 10-jährige Spekulationsfrist noch nicht abgelaufen ist, kann ein Immobilienverkauf steuerfrei sein – nämlich dann, wenn die Immobilie zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde. Diese Ausnahme ist besonders relevant für Selbstnutzer, die ihre Immobilie kurzfristig verkaufen möchten oder müssen, z. B. wegen beruflicher oder familiärer Veränderungen.

Die 3-Jahres-Regel: Was zählt als Eigennutzung?

Damit ein Verkauf steuerfrei bleibt, obwohl die 10-Jahres-Frist nicht eingehalten wurde, muss eine der beiden Voraussetzungen erfüllt sein:

  1. Die Immobilie wurde ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt, seit dem Kauf bis zum Verkauf
    oder
  2. Die Immobilie wurde im Jahr des Verkaufs und in den beiden vorangegangenen Kalenderjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

👉 Dabei zählen volle Kalenderjahre – nicht exakt 24 Monate!

Beispiele zur Verdeutlichung

Steuerfreier Verkauf bei vollständiger Eigennutzung

  • Kauf: Januar 2020
  • durchgehend Eigennutzung
  • Verkauf: Mai 2024
    → Steuerfrei, da ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt.

Steuerfreier Verkauf bei 3-Jahres-Regel

  • Kauf: August 2021 (Vermietung bis Dezember 2022)
  • Eigennutzung: Januar 2023 bis März 2025
  • Verkauf: März 2025
    → Steuerfrei, da Nutzung im Verkaufsjahr (2025) und den beiden Vorjahren (2023, 2024) zu eigenen Wohnzwecken erfolgt ist.

Steuerpflichtig trotz Eigennutzung

  • Kauf: 2021
  • Vermietung bis Ende 2023
  • kurzfristige Eigennutzung: Januar 2024
  • Verkauf: März 2024
    Nicht steuerfrei, da keine vollständige Eigennutzung in drei Kalenderjahren gegeben ist.

Was zählt als „eigene Wohnzwecke“?

  • Nur selbst genutzte Räume in der Immobilie zählen.
  • Bei mehreren Immobilien muss die jeweils verkaufte Immobilie selbst bewohnt worden sein.
  • Kinder zählen ebenfalls, wenn für sie Kindergeld oder Kinderfreibetrag beansprucht wurde.
  • Zweit- oder Ferienwohnungen, die nicht als Hauptwohnsitz dienten, erfüllen die Bedingungen nicht.

Vorsicht bei teilweiser Vermietung

Wurde ein Teil der Immobilie vermietet – z. B. Einliegerwohnung oder einzelne Zimmer – ist eine anteilige Steuerpflicht möglich. Nur der selbst genutzte Teil bleibt steuerfrei, der vermietete Anteil wird ggf. anteilig besteuert.

Leerstand vor dem Verkauf?

Ein leerstehendes Haus oder eine ungenutzte Wohnung unmittelbar vor dem Verkauf erfüllt nicht die Voraussetzung der Eigennutzung. In solchen Fällen gilt die Nutzung als unterbrochen – die Steuerfreiheit entfällt.

5. Immobilien im Betriebsvermögen

Nicht alle Immobilienverkäufe unterliegen den gleichen steuerlichen Regeln. Besonders dann, wenn Immobilien Teil eines Unternehmens oder einer gewerblichen Tätigkeit sind, gelten deutlich strengere steuerliche Vorschriften. Der Unterschied zwischen Privatvermögen und Betriebsvermögen ist entscheidend für die Besteuerung – und kann erhebliche finanzielle Folgen haben.

Was ist Betriebsvermögen?

Betriebsvermögen umfasst alle Vermögensgegenstände, die einem Unternehmen zuzurechnen sind – also auch Immobilien, die ein Unternehmen kauft, nutzt, vermietet oder verkauft, um Einnahmen zu erzielen. Diese Immobilien gelten nicht als private Kapitalanlagen, sondern als betriebsnotwendiges Vermögen.

Das bedeutet:

  • Die Spekulationsfrist entfällt.
  • Gewinne sind grundsätzlich steuerpflichtig – unabhängig von der Haltedauer.
  • Der Gewinn unterliegt der Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer (bei Kapitalgesellschaften) sowie ggf. der Gewerbesteuer.

Beispiele für Betriebsvermögen

  • Ein Bauunternehmer erwirbt Grundstücke, bebaut sie und verkauft sie regelmäßig.
  • Eine GmbH hält und verwaltet vermietete Gewerbeimmobilien.
  • Ein Freiberufler kauft eine Immobilie für seine Kanzlei – diese gehört dann zum Betriebsvermögen.

Was ist der „gewerbliche Grundstückshandel“?

Ein besonders relevanter Sonderfall ist der sogenannte gewerbliche Grundstückshandel. Hierbei handelt es sich nicht um klassische Unternehmen, sondern um Privatpersonen, die durch bestimmte Verhaltensmuster als gewerblich tätige Grundstückshändler eingestuft werden.

Die Folge: Die verkauften Immobilien gelten rückwirkend als Betriebsvermögen, und die Gewinne sind voll steuerpflichtig.

Wann liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor?

Die Rechtsprechung hat mehrere Kriterien entwickelt, um gewerblichen Handel zu erkennen. Die wichtigsten sind:

  • Mehr als drei Objekte werden innerhalb von fünf Jahren nach Erwerb wieder verkauft.
  • Die Immobilientätigkeit erfolgt planmäßig, mit Wiederholungsabsicht und Gewinnerzielung.
  • Es werden bauliche Maßnahmen (z. B. Sanierung, Aufteilung, Umnutzung) durchgeführt, um den Verkauf zu optimieren.

Beispiel: Jemand kauft zwischen 2019 und 2022 vier Eigentumswohnungen, renoviert sie und verkauft sie alle bis Ende 2024 → Das Finanzamt kann gewerblichen Grundstückshandel annehmen.

Steuerliche Konsequenzen

Wenn ein gewerblicher Grundstückshandel angenommen wird:

  • Der Gewinn aus den Verkäufen unterliegt der Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer,
  • zusätzlich fällt meist Gewerbesteuer an,
  • Abschreibungen, Vorsteuerabzug und Bilanzierungspflichten können hinzukommen,
  • die Spekulationsfrist greift nicht mehr.

Abgrenzung ist entscheidend

Gerade bei wiederholten Immobiliengeschäften (z. B. „Fix & Flip“) ist Vorsicht geboten. Die Grenze zwischen privatem Verkauf und gewerblichem Handel ist fließend, und die Finanzämter prüfen entsprechende Fälle zunehmend kritisch.

Daher gilt:

Wer regelmäßig Immobilien kauft und verkauft, sollte unbedingt steuerlichen Rat einholen, um unerwartete Nachforderungen und Gewerbesteuerbelastungen zu vermeiden.

6. Besonderheiten bei Erbschaft und Schenkung

Immobilien werden nicht nur gekauft und verkauft – oft wechseln sie auch durch Erbschaft oder Schenkung den Eigentümer. In solchen Fällen stellt sich die Frage: Was passiert mit der Spekulationsfrist und der steuerlichen Behandlung beim späteren Verkauf?

Die gute Nachricht: Erbschaft und Schenkung selbst lösen keine Einkommensteuer aus. Allerdings wirken sie sich auf die zukünftige Besteuerung beim Verkauf durch den neuen Eigentümer aus.

Erbschaft: Spekulationsfrist wird „vererbt“

Wenn du eine Immobilie erbst, übernimmst du nicht nur das Eigentum, sondern auch die steuerliche Vergangenheit des Verstorbenen. Das bedeutet konkret:

Die Spekulationsfrist läuft weiter – als wäre der Erbe der ursprüngliche Eigentümer.

Beispiel:

  • Der Vater kauft ein Haus im Jahr 2010.
  • Er verstirbt 2022, und du erbst die Immobilie.
  • Du verkaufst das Haus im Jahr 2023.

Ergebnis: Steuerfrei! Die Spekulationsfrist (seit 2010) ist abgelaufen, obwohl du selbst das Haus nur ein Jahr hattest.

Schenkung: Gleichstellung mit Erbschaft

Bei einer Schenkung zu Lebzeiten (z. B. Eltern schenken Immobilie an Kinder) gelten dieselben Regeln:

  • Keine Einkommensteuer auf die Schenkung,
  • Die Frist zur Spekulationssteuer wird vom Schenker übernommen,
  • Auch die Anschaffungskosten des Schenkers werden übernommen (wichtig für die Gewinnberechnung bei Verkauf).

Beispiel:

  • Die Mutter schenkt ihrem Sohn 2023 ein Mehrfamilienhaus, das sie 2014 gekauft hat.
  • Der Sohn verkauft die Immobilie 2025.

Ergebnis: Die Spekulationsfrist von 10 Jahren wäre 2024 abgelaufen – da der Verkauf 2025 stattfindet, ist der Gewinn steuerfrei, obwohl der Sohn nur zwei Jahre Eigentümer war.

Vorsicht: Verkauf innerhalb der Frist = steuerpflichtig

Wenn der Erblasser oder Schenker die Immobilie noch keine 10 Jahre besessen hat, kann der Verkauf durch den Erben/Schenkungsempfänger steuerpflichtig sein – selbst wenn dieser die Immobilie nie selbst vermietet oder genutzt hat.

Eigennutzung durch Erben/Schenkungsempfänger

Auch die Ausnahmeregelung zur Steuerfreiheit bei Eigennutzung gilt bei Erben und Beschenkten. Wenn der neue Eigentümer die Immobilie:

  • im Jahr des Verkaufs und in den beiden Vorjahren selbst nutzt,
  • oder sie durchgehend seit der Übernahme eigenständig bewohnt,

kann ein Verkauf trotz nicht abgelaufener Spekulationsfrist steuerfrei bleiben.

Unterschied zu Schenkung gegen Gegenleistung

Achtung: Wird eine Immobilie nicht unentgeltlich, sondern teilweise entgeltlich (z. B. gegen Pflegeleistungen oder Rentenzahlungen) übertragen, kann das steuerlich als Verkauf gewertet werden. In dem Fall greift die Spekulationsfrist erneut – es kann Einkommensteuer anfallen.

Tipp: Erbschaften und Schenkungen bieten Gestaltungsspielräume, um Immobilien steueroptimiert zu übertragen. Eine frühzeitige Beratung durch einen Steuerberater oder Fachanwalt für Erbrecht kann hohe Steuerlasten beim späteren Verkauf vermeiden helfen.

7. Kosten und Abschreibungen: Was mindert die Steuerlast?

Wenn ein Immobilienverkauf steuerpflichtig ist – etwa weil die Spekulationsfrist nicht eingehalten wurde oder keine Eigennutzung vorlag – bedeutet das nicht automatisch, dass der gesamte Verkaufsgewinn besteuert wird. Bestimmte Kosten und Abschreibungen dürfen vom Gewinn abgezogen werden und senken damit die steuerliche Belastung.

Berechnungsgrundlage: Der Veräußerungsgewinn

Die Formel für den zu versteuernden Gewinn lautet:

Veräußerungsgewinn = Verkaufspreis – Anschaffungskosten – Veräußerungskosten – Werbungskosten

Je nach Sachlage können hier mehrere Posten berücksichtigt werden.

1. Anschaffungskosten

Dazu zählen:

  • Kaufpreis der Immobilie
  • Notarkosten und Grundbuchgebühren beim Kauf
  • Grunderwerbsteuer
  • ggf. Maklerprovision beim Erwerb

Diese Gesamtsumme bildet die Ausgangsbasis und wird mit dem Verkaufserlös verglichen.

2. Veräußerungskosten

Kosten, die direkt mit dem Verkauf der Immobilie zusammenhängen, dürfen ebenfalls abgezogen werden. Dazu zählen z. B.:

  • Maklergebühren
  • Notarkosten für den Verkaufsvertrag
  • Gebühren für Löschungen im Grundbuch
  • ggf. Inseratskosten, Exposé-Erstellung, Gutachten

Beispiel:

  • Verkaufspreis: 400.000 €
  • Anschaffungskosten (inkl. Nebenkosten): 300.000 €
  • Makler: –15.000 €
  • Notarverkauf: –2.000 €
  • Zu versteuernder Gewinn: 83.000 €

3. Anschaffungsnahe Herstellungskosten

Ein häufiger Fehler ist die falsche Einordnung von Renovierungskosten. Werden in den ersten drei Jahren nach Anschaffung der Immobilie mehr als 15 % der Anschaffungskosten (ohne Grundstücksanteil) in Renovierungen gesteckt, gelten diese nicht als sofort abziehbare Werbungskosten, sondern als anschaffungsnahe Herstellungskosten.

Diese werden:

  • nicht sofort abgezogen, sondern
  • über die Gebäudenutzungsdauer abgeschrieben (typischerweise 2 % jährlich bei Wohnimmobilien).

4. Abschreibungen (AfA – Absetzung für Abnutzung)

Während der Haltedauer konntest du als Eigentümer der vermieteten Immobilie jährlich einen Teil der Gebäudekosten abschreiben. Diese AfA mindert den steuerlichen Buchwert und erhöht damit den Gewinn beim Verkauf.

Das heißt: Abgeschriebene Beträge müssen beim Verkauf wieder „nachversteuert“ werden.

Beispiel:

  • Anschaffungskosten Gebäudeanteil: 200.000 €
  • jährliche Abschreibung: 2 % → 4.000 €
  • Haltedauer: 5 Jahre → 20.000 € Abschreibung

→ Diese 20.000 € senken den Buchwert → der Gewinn steigt um diesen Betrag → höhere Steuerlast.

5. Werbungskosten (begrenzt anrechenbar)

Nicht alle Kosten, die während der Besitzzeit angefallen sind, beeinflussen den Veräußerungsgewinn. Laufende Betriebskosten (z. B. Hausgeld, Reparaturen, Versicherungen) sind bei Vermietung zwar Werbungskosten – aber nicht relevant für den Verkaufsgewinn.

Relevant sind nur:

  • Aufwendungen im direkten Zusammenhang mit dem Verkauf (z. B. Verkaufsberatung, Gutachten)
  • Sanierungskosten, sofern nicht bereits als AfA berücksichtigt

Dokumentation ist alles

Das Finanzamt verlangt lückenlose Nachweise. Alle Rechnungen, Verträge und Belege sollten sorgfältig aufbewahrt und dokumentiert werden. Fehlen diese, wird der Abzug oft nicht anerkannt.

8. Beispielrechnungen

Theorie ist wichtig – aber erst durch konkrete Zahlen wird verständlich, wie sich Kapitalertragsteuern bzw. die Einkommensteuer auf den Veräußerungsgewinn auswirken. Im Folgenden findest du drei typische Szenarien aus der Praxis: ein steuerpflichtiger Verkauf, ein steuerfreier Verkauf durch Eigennutzung und ein Beispiel mit anrechenbaren Kosten.

📌 Beispiel 1: Steuerpflichtiger Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist

  • Kaufjahr: 2018
  • Kaufpreis: 250.000 €
  • Verkauf: 2024 für 350.000 €
  • Maklerkosten (Verkauf): 10.000 €
  • Sanierungskosten (2019): 20.000 €
  • Abschreibungen (AfA): 7 Jahre à 2 % auf 200.000 € (Gebäudewert) = 28.000 €
  • Eigennutzung: Nein (vermietet)

Berechnung:

PositionBetrag
Verkaufspreis350.000 €
Anschaffungskosten–250.000 €
Veräußerungskosten (Makler)–10.000 €
AfA (muss gegengerechnet werden)+28.000 €
Veräußerungsgewinn118.000 €

→ Dieser Gewinn ist voll steuerpflichtig (nach § 23 EStG), da innerhalb von 10 Jahren verkauft und keine Eigennutzung vorliegt.
→ Der Gewinn wird mit dem persönlichen Einkommensteuersatz versteuert (z. B. 30 % → Steuerlast ca. 35.400 €).

📌 Beispiel 2: Steuerfreier Verkauf bei Eigennutzung

  • Kaufjahr: 2020
  • Kaufpreis: 400.000 €
  • Eigennutzung: ab Januar 2021 bis Verkauf
  • Verkauf: April 2024 für 480.000 €

→ Da die Immobilie im Verkaufsjahr (2024) und in den beiden Vorjahren (2022, 2023) ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde, ist der Verkauf vollständig steuerfreitrotz nur 4 Jahren Haltedauer.

Veräußerungsgewinn: 80.000 € → nicht steuerpflichtig

📌 Beispiel 3: Steuerpflichtig, aber Kosten mindern die Steuerlast

  • Kaufjahr: 2015
  • Kaufpreis: 300.000 €
  • Verkauf: 2024 für 420.000 €
  • Verkaufskosten (Makler, Notar): 18.000 €
  • Anschaffungsnahe Sanierungskosten (2015–2017): 50.000 € (anteilig über AfA berücksichtigt)
  • AfA auf Gebäudeanteil (220.000 €): 2 % über 9 Jahre = 39.600 €

Berechnung:

PositionBetrag
Verkaufspreis420.000 €
Anschaffungskosten–300.000 €
Veräußerungskosten–18.000 €
AfA-Zuschlag (Buchwert sinkt)+39.600 €
Veräußerungsgewinn141.600 €

→ Gewinn ist steuerpflichtig, da keine Eigennutzung und Verkauf innerhalb von 10 Jahren
→ Mit angenommenem Steuersatz von 35 %: Steuerlast = ca. 49.560 €

9. Steuererklärung: Wo und wie muss der Gewinn angegeben werden?

Wenn du beim Verkauf deiner Immobilie einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn erzielt hast, musst du diesen dem Finanzamt im Rahmen deiner Einkommensteuererklärung mitteilen. Dabei ist eine korrekte, vollständige und belegbare Angabe unerlässlich – sonst drohen Nachfragen, Schätzungen oder sogar steuerstrafrechtliche Konsequenzen.

📄 Wo wird der Gewinn eingetragen?

Der Veräußerungsgewinn aus dem Verkauf einer Immobilie gehört in die:

Anlage SO („Sonstige Einkünfte“) der Einkommensteuererklärung

Dort findest du den Abschnitt „Private Veräußerungsgeschäfte“, der genau für diese Fälle vorgesehen ist.

💼 Was musst du angeben?

In der Anlage SO müssen u. a. folgende Angaben gemacht werden:

  • Art des Wirtschaftsguts (z. B. Eigentumswohnung, Einfamilienhaus)
  • Datum des Kaufs und Verkaufs
  • Kaufpreis und Verkaufspreis
  • Anschaffungs- und Veräußerungskosten
  • Gewinnberechnung (mit ggf. AfA, Werbungskosten, Sanierungskosten etc.)
  • Eigennutzung (falls steuerfrei – hier wird das begründet)

Ein separates Beiblatt mit detaillierter Gewinnermittlung ist oft empfehlenswert.

📎 Welche Belege solltest du bereithalten?

Das Finanzamt kann Nachweise anfordern. Daher solltest du folgende Dokumente griffbereit halten (und idealerweise digital archivieren):

  • Kaufvertrag (notariell)
  • Verkaufsvertrag (notariell)
  • Maklerverträge und Rechnungen
  • Notarkosten (Kauf und Verkauf)
  • Grundsteuerbescheide / Grunderwerbsteuer
  • Sanierungs- oder Modernisierungsrechnungen
  • AfA-Berechnungen aus den Vorjahren
  • Nachweise zur Eigennutzung (z. B. Meldebescheinigung)

🧾 Frist zur Abgabe

Die Einkommensteuererklärung für das jeweilige Verkaufsjahr muss in der Regel bis zum 31. Juli des Folgejahres abgegeben werden.

Beispiel:
Verkauf der Immobilie im April 2024 → Abgabe der Steuererklärung bis 31. Juli 2025

Mit Steuerberater verlängert sich die Frist in der Regel automatisch bis Ende Februar des übernächsten Jahres.

🧠 Wann lohnt sich ein Steuerberater?

Ein Steuerberater ist besonders sinnvoll, wenn:

  • komplexe Kosten geltend gemacht werden sollen,
  • unklar ist, ob eine Steuerpflicht besteht (z. B. bei teilweiser Eigennutzung),
  • eine Schenkung oder Erbschaft vorliegt,
  • es sich um mehrere Objekte oder gewerbliche Tätigkeiten handelt,
  • Unsicherheit bezüglich der AfA oder Sanierungskosten besteht.

Ein guter Steuerberater kann helfen, legale Gestaltungsmöglichkeiten zu erkennen, Fehler zu vermeiden und im Zweifel mit dem Finanzamt zu verhandeln.

10. Tipps zur Steuervermeidung und legalen Gestaltung

Auch wenn Immobilienverkäufe grundsätzlich steuerpflichtig sein können, gibt es zahlreiche legale Möglichkeiten, die Steuerlast zu reduzieren oder den Gewinn sogar völlig steuerfrei zu realisieren. Wer sich frühzeitig mit dem Thema auseinandersetzt, kann durch geschickte Planung und Strukturierung mehr Netto vom Brutto behalten.

1. Verkauf nach Ablauf der Spekulationsfrist planen

Die einfachste und effektivste Strategie ist der Verkauf nach Ablauf der 10-jährigen Spekulationsfrist. Der Gewinn ist dann steuerfrei, unabhängig von der Höhe.

💡 Tipp: Achte auf das exakte Datum des notariellen Kaufvertrags – nicht auf Übergabe oder Zahlung.
Selbst ein Verkauf Tage vor Fristablauf kann zu einer hohen Steuerlast führen.

2. Eigennutzung gezielt einsetzen

Wer seine Immobilie selbst nutzt, kann durch Einhaltung der 3-Jahres-Regel (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG) auch innerhalb der Spekulationsfrist steuerfrei verkaufen.

Beispiel: Du ziehst für 2 Jahre und ein paar Monate selbst in deine vermietete Wohnung ein und verkaufst sie danach steuerfrei.

⚠️ Wichtig: Teilvermietung oder nur kurzfristige Eigennutzung reicht nicht aus!

3. Sanierungen richtig timen

Wenn Sanierungen in den ersten 3 Jahren nach Anschaffung mehr als 15 % der Gebäudekosten übersteigen, gelten sie als anschaffungsnahe Herstellungskosten – diese erhöhen den Buchwert und können nicht sofort abgezogen werden.

💡 Tipp: Großsanierungen besser nach Ablauf der 3-Jahres-Frist durchführen – dann gelten sie ggf. als Werbungskosten und können steuerlich sofort wirken.

4. Schenkung an Familienmitglieder mit späterem Verkauf

Eine clevere Möglichkeit der steuerlichen Gestaltung ist die Schenkung der Immobilie an Kinder oder andere Angehörige, z. B.:

  • Eltern besitzen eine Immobilie seit mehr als 10 Jahren (Spekulationsfrist abgelaufen)
  • Sie schenken die Immobilie dem Kind
  • Das Kind verkauft sofort oder später steuerfrei – die Frist bleibt erhalten

⚠️ Aber: Beim Verkauf durch das Kind sollte keine Gegenleistung erfolgen (z. B. Pflegevertrag), sonst kann das als steuerpflichtiger Verkauf gewertet werden.

5. Nutzung von Familiengesellschaften (z. B. GbR)

Eine Immobilien-GbR kann helfen, Immobilien gemeinschaftlich zu halten, Steuern zu gestalten und auch sukzessive zu übertragen. Vorteile:

  • Flexiblere Verteilung von Gewinnen und Verlusten
  • Gestaltungsmöglichkeiten bei Schenkung und Erbfolge
  • Teilverkäufe oder Anteilsübertragungen möglich

⚠️ Komplexes Feld – nur in Abstimmung mit Steuerberater und Notar sinnvoll!

6. Fristen bei der Erbschaft prüfen

Wer eine Immobilie erbt, übernimmt auch die Spekulationsfrist des Verstorbenen. Es kann sinnvoll sein, mit dem Verkauf zu warten, bis die 10 Jahre vollständig abgelaufen sind – sonst wird der Gewinn steuerpflichtig.

7. Dokumentation und Belegsammlung

Viele Eigentümer verlieren unnötig Geld, weil sie ihre Kosten und Abschreibungen nicht korrekt dokumentieren. Achte darauf, alle Rechnungen, Verträge und Belege sorgfältig aufzubewahren – sie können den steuerpflichtigen Gewinn erheblich senken.

Zusammengefasst: So sparst du legal Steuern beim Immobilienverkauf

StrategieWirkung
Spekulationsfrist abwartenSteuerfreie Veräußerung
Eigennutzung 3 JahreSteuerfrei trotz kurzer Haltedauer
Sanierung zeitlich planenSofortabzug statt langfristige AfA
Schenkung vor VerkaufSteuerfreie Weitergabe bei richtiger Frist
Familien-GbR nutzenFlexible Struktur, steuerlich gestaltbar

11. Rechtliche Grundlagen & weiterführende Quellen

Um die Besteuerung von Gewinnen aus Immobilienverkäufen rechtssicher zu verstehen und korrekt umzusetzen, ist es hilfreich, sich auf die rechtlichen Grundlagen zu stützen. Im Folgenden findest du die wichtigsten Paragrafen, Urteile, Behördenportale und Informationsquellen.

📚 Zentrale Gesetzesgrundlagen

§ 23 EStG – Private Veräußerungsgeschäfte

  • Regelt, wann und wie Gewinne aus der Veräußerung von Wirtschaftsgütern (z. B. Immobilien) zu versteuern sind.
  • Enthält Ausnahmeregelungen bei Eigennutzung und Spekulationsfristen.

👉 Direktlink: § 23 Einkommensteuergesetz (Gesetze-im-Internet.de)

§ 20 EStG – Kapitalerträge

  • Definiert klassische Kapitalerträge (z. B. Zinsen, Dividenden), die mit Abgeltungsteuer belegt werden.
  • Für Immobilienverkäufe nicht direkt anwendbar, aber oft fälschlich damit verwechselt.

§ 21 EStG – Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung

  • Relevanz für laufende Besteuerung während der Haltedauer (z. B. AfA, Werbungskosten)
  • Wichtig für die Gesamtsicht auf steuerliche Behandlung von Immobilien.

🏛️ Behördliche Informationsquellen

  • Bundesministerium der Finanzen (BMF)
    → Steuerliche Richtlinien, Gesetzesänderungen, BMF-Schreiben
  • ELSTER – Online-Steuererklärung
    → Plattform zur Abgabe der Einkommensteuererklärung inkl. Anlage SO
  • Verbraucherzentrale
    → Ratgeberartikel zu Immobilien und Steuerfragen, besonders für Laien gut verständlich

📌 Steuerrechtliche Urteile (zur Orientierung)

  • BFH, Urteil vom 23.10.2012 – IX R 8/12
    → Zur 3-Jahres-Eigennutzungsregel bei Immobilienverkäufen
  • BFH, Urteil vom 10.12.2013 – IX R 28/13
    → Zur Berechnung der Spekulationsfrist (Kaufdatum = Notartermin)
  • BFH, Urteil vom 22.9.2020 – IX R 26/19
    → Zu anschaffungsnahen Herstellungskosten und deren Abgrenzung

12. Fazit

Der Verkauf einer Immobilie kann erhebliche steuerliche Konsequenzen nach sich ziehen – muss aber nicht. Wer sich mit der sogenannten „Kapitalertragssteuer“ im Immobilienbereich auseinandersetzt – korrekterweise: mit der Besteuerung privater Veräußerungsgewinne nach § 23 EStG – erkennt schnell: Timing, Nutzung und Dokumentation sind entscheidend.

Die wichtigsten Punkte zusammengefasst:

Die Spekulationsfrist von 10 Jahren ist der zentrale Hebel zur Steuervermeidung bei nicht selbst genutzten Immobilien.

Eigennutzung kann auch innerhalb dieser Frist zu steuerfreien Gewinnen führen – sofern die Voraussetzungen erfüllt sind.

Kosten, Sanierungen und Abschreibungen wirken sich direkt auf die Höhe des zu versteuernden Gewinns aus.

Erbschaften und Schenkungen übertragen nicht nur Eigentum, sondern auch steuerliche Fristen – mit teils erheblichen Auswirkungen.

Gewerblicher Grundstückshandel und Verkäufe aus dem Betriebsvermögen unterliegen ganz anderen Regeln – hier drohen zusätzliche Steuern (z. B. Gewerbesteuer).

Teile diesen Beitrag

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert