1. Einleitung
Der Kauf einer Immobilie zählt für viele Menschen zu den größten finanziellen Entscheidungen ihres Lebens. Während der Blick häufig auf den Kaufpreis der Immobilie gerichtet ist, werden die sogenannten Kaufnebenkosten oft unterschätzt oder gar nicht vollständig eingeplant. Dabei können diese zusätzlichen Ausgaben schnell einen erheblichen Betrag ausmachen – nicht selten 10 bis 15 Prozent des Kaufpreises.
Gerade in einem angespannten Immobilienmarkt wie dem deutschen, wo Immobilienpreise in vielen Regionen stark gestiegen sind, ist eine präzise und vollständige Budgetplanung unerlässlich. Wer die Kaufnebenkosten nicht korrekt einkalkuliert, riskiert finanzielle Engpässe, muss Nachfinanzierungen beantragen oder gar geplante Investitionen – etwa in Renovierungen – verschieben.
In diesem Artikel erklären wir detailliert, welche Nebenkosten beim Immobilienerwerb in Deutschland anfallen, wie hoch sie ausfallen können und worauf Käufer:innen achten sollten. Ergänzt wird dies durch Rechenbeispiele, praktische Tipps zur Kostenminimierung sowie häufige Fehler, die es zu vermeiden gilt. Ziel ist es, dir eine fundierte Grundlage zu geben, mit der du den tatsächlichen Gesamtaufwand deines Immobilienkaufs realistisch einschätzen kannst.
2. Was sind Kaufnebenkosten?
Kaufnebenkosten sind alle Ausgaben, die zusätzlich zum eigentlichen Kaufpreis einer Immobilie anfallen. Sie gehören nicht zum reinen Kaufpreis des Hauses oder der Wohnung, sind aber untrennbar mit dem Erwerb verbunden. Ohne die Begleichung dieser Kosten kann der Immobilienkauf rechtlich und praktisch nicht abgeschlossen werden.
Abgrenzung zum Kaufpreis
Der Kaufpreis ist der Betrag, den Käufer:innen dem Verkäufer oder der Verkäuferin für die Immobilie zahlen. Kaufnebenkosten hingegen gehen an Dritte – etwa an den Staat (Grunderwerbsteuer), an den Notar (für die Beurkundung), an das Grundbuchamt, ggf. an einen Makler oder an Banken (z. B. für die Eintragung einer Grundschuld).
Diese Kosten fallen unabhängig davon an, ob die Immobilie bar bezahlt oder finanziert wird – mit wenigen Ausnahmen lassen sich Kaufnebenkosten nicht über das Immobiliendarlehen finanzieren und müssen meist aus Eigenkapital gedeckt werden.
Durchschnittliche Höhe der Kaufnebenkosten
Die Gesamthöhe der Kaufnebenkosten variiert in Deutschland je nach Bundesland, Kaufpreis, Vertragsgestaltung und involvierten Dienstleistern. Grob lässt sich sagen:
- Grunderwerbsteuer: 3,5 %–6,5 % des Kaufpreises (je nach Bundesland)
- Notar- und Grundbuchkosten: ca. 1,5 %
- Maklerprovision: bis zu 3,57 % (je nach Region und Vereinbarung)
- Sonstige Nebenkosten: variabel
Im Durchschnitt solltest du mit etwa 10–15 % des Kaufpreises an Kaufnebenkosten rechnen. Bei einem Immobilienpreis von 400.000 € können das also zusätzlich 40.000–60.000 € sein.
3. Die wichtigsten Kaufnebenkosten im Überblick
Beim Immobilienkauf in Deutschland fallen verschiedene Nebenkosten an, die du zwingend einkalkulieren solltest. Im Folgenden findest du die wichtigsten Posten – jeweils mit Erklärung, Höhe und praktischen Hinweisen.
3.1 Grunderwerbsteuer
Die Grunderwerbsteuer ist eine einmalige Steuer, die beim Erwerb einer Immobilie vom Bundesland erhoben wird, in dem sich das Objekt befindet. Sie fällt auf den Kaufpreis der Immobilie an.
Höhe nach Bundesland (Stand 2025):
Bundesland | Grunderwerbsteuersatz |
Bayern, Sachsen | 3,5 % |
Hamburg | 5,5 % |
NRW, Brandenburg | 6,5 % |
Berlin | 6,0 % |
Hessen | 6,0 % |
… (alle anderen) | zwischen 5,0 %–6,5 % |
Beispielrechnung: Kaufpreis 400.000 € in NRW → 6,5 % Grunderwerbsteuer = 26.000 €
Die Grunderwerbsteuer ist unmittelbar nach Beurkundung fällig. Eine Zahlung ist Voraussetzung für die Eintragung ins Grundbuch.
3.2 Notarkosten und Grundbucheintrag
In Deutschland ist für den Immobilienkauf eine notarielle Beurkundung gesetzlich vorgeschrieben. Der Notar erstellt und beurkundet den Kaufvertrag und übernimmt die Kommunikation mit Behörden und Ämtern. Auch die Eintragung ins Grundbuch wird durch den Notar veranlasst.
Was fällt an?
- Beurkundung des Kaufvertrags
- Auflassung (Eigentumsumschreibung)
- Eintragung der Eigentumsübertragung
- Eintragung der Grundschuld (wenn finanziert)
Höhe:
Die Kosten richten sich nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) und betragen im Schnitt ca. 1,0 %–1,5 % des Kaufpreises.
Beispiel: 400.000 € Kaufpreis → ca. 5.000–6.000 € für Notar + Grundbuch
3.3 Maklerprovision (Courtage)
Wird die Immobilie über einen Makler vermittelt, fällt in der Regel eine Maklerprovision an. Seit Dezember 2020 gilt bei selbstgenutztem Wohnraum die gesetzliche Teilung der Maklerkosten zwischen Käufer:in und Verkäufer:in, sofern beide den Makler beauftragt haben.
Übliche Maklersätze:
- 3,57 % (inkl. MwSt.) für Käufer:in und Verkäufer:in (in vielen Bundesländern üblich)
- In Berlin, Brandenburg, Hamburg oft nur Käufer:in (vor Gesetzesänderung)
Beispiel: 3,57 % auf 400.000 € = 14.280 €
Wichtig: Maklerverträge sollten schriftlich vorliegen. In manchen Fällen kannst du versuchen, die Provision zu verhandeln.
3.4 Gerichts- und Grundbuchkosten
Neben der Eintragung des Eigentums im Grundbuch (s. o.) entstehen beim Grundbuchamt auch Kosten für:
- Eintragung der Grundschuld
- Vormerkungen (z. B. Auflassungsvormerkung)
Diese Kosten sind oft in den Notarkosten enthalten, werden aber separat vom Amtsgericht abgerechnet. Sie betragen ca. 0,5 %–1,0 % des Kaufpreises, je nach Umfang.
3.5 Finanzierungskosten
Auch beim Abschluss der Immobilienfinanzierung fallen Nebenkosten an, die oft übersehen werden:
- Bereitstellungszinsen: Für nicht abgerufene Darlehensbeträge
- Gebühren für Grundschuldbestellung beim Notar
- Schätzkosten: Bankinterne Wertermittlung der Immobilie (optional)
Diese Posten sind bankenabhängig, können aber schnell einige hundert bis wenige tausend Euro ausmachen.
3.6 Sonstige Nebenkosten
Neben den offiziellen Kaufnebenkosten gibt es weitere Ausgaben, die im Zusammenhang mit dem Immobilienerwerb entstehen:
- Umzugskosten
- Renovierungs- oder Sanierungsmaßnahmen
- Erschließungskosten bei Neubauten
- Versicherungen (Gebäudeversicherung, Risikolebensversicherung)
Diese variieren stark je nach Objektzustand, Entfernung, Eigenleistung etc. – dennoch solltest du auch hierfür ein Budget einplanen.
4. Tipps zur Reduzierung von Kaufnebenkosten
Auch wenn viele Kaufnebenkosten gesetzlich geregelt oder schwer beeinflussbar sind, gibt es dennoch Möglichkeiten, die Gesamtkosten beim Immobilienerwerb zu optimieren. Gerade bei größeren Investitionen können schon kleine prozentuale Einsparungen mehrere Tausend Euro ausmachen.
4.1 Maklerprovision verhandeln oder umgehen
- Provisionsverhandlung: Die Maklerprovision ist nicht starr. In vielen Fällen lassen sich die Sätze durch geschicktes Verhandeln reduzieren – vor allem, wenn die Nachfrage nach dem Objekt gering ist oder der Verkäufer besonders verkaufsbereit wirkt.
- Makler umgehen: Wer eine Immobilie direkt vom Eigentümer (privat) kauft, spart sich die Maklerkosten komplett. Allerdings bedeutet das auch mehr Eigenrecherche, organisatorischen Aufwand und Risiko.
Hinweis: Bei selbstgenutztem Wohnraum darf der Makler nur dann vom Käufer Geld verlangen, wenn auch der Verkäufer die Hälfte übernimmt (§ 656c BGB).
4.2 Fördermittel und Zuschüsse prüfen
In Deutschland gibt es verschiedene Fördermöglichkeiten, mit denen sich Teile der Kaufnebenkosten indirekt oder direkt senken lassen:
- KfW-Förderung: Zuschüsse und zinsgünstige Darlehen für energieeffizientes Bauen/Kaufen
- BAFA-Förderung: Für Sanierungsmaßnahmen im Energiebereich
- Landesprogramme: Je nach Bundesland gibt es zusätzliche Wohnbauförderungen
- Wohn-Riester: Steuerlich begünstigte Finanzierung für selbstgenutztes Wohneigentum
- Familienförderung: In manchen Regionen Unterstützung für Familien beim Kauf
Tipp: Viele Programme müssen vor Vertragsunterzeichnung beantragt werden!
4.3 Finanzierung optimieren
- Bereitstellungszinsen vermeiden: Achte auf einen ausreichend langen Zeitraum ohne Bereitstellungszinsen (z. B. 6–12 Monate) – insbesondere bei Neubauten.
- Bankangebote vergleichen: Die Gebühren für Schätzung, Grundschuldbestellung und Sondertilgung unterscheiden sich stark zwischen den Anbietern.
- Vermeide versteckte Kosten: Achte auf Kleingedrucktes im Darlehensvertrag – etwa für Auszahlungsmodalitäten oder Kontoführungsgebühren.
4.4 Kaufvertrag prüfen lassen
Ein erfahrener Anwalt oder unabhängiger Notar kann den Kaufvertrag prüfen, bevor du ihn unterschreibst. So kannst du:
- Unnötige Klauseln erkennen (z. B. überhöhte Übernahmepreise für Einbauten)
- Doppelzahlungen vermeiden (z. B. beim Notar oder Makler)
- Regelungslücken zu deinem Vorteil klären
4.5 Steuerliche Vorteile nutzen (bei Vermietung)
Wenn du die Immobilie nicht selbst nutzt, sondern vermietest, kannst du viele Kaufnebenkosten steuerlich absetzen – etwa:
- Notarkosten (für Grundschuldbestellung)
- Maklergebühren
- Finanzierungskosten
Hier lohnt sich die Beratung durch eine Steuerfachkraft.
5. Beispielrechnung: Kaufpreis vs. Gesamtkosten
Um ein realistisches Bild davon zu bekommen, wie stark Kaufnebenkosten die Gesamtausgaben beeinflussen, werfen wir einen Blick auf ein konkretes Rechenbeispiel.
🔢 Ausgangslage
- Kaufpreis der Immobilie: 400.000 €
- Lage: Nordrhein-Westfalen (Grunderwerbsteuer 6,5 %)
- Maklerbeteiligung: Käufer zahlt 3,57 % Provision
- Finanzierung über Bank mit Grundschuld-Eintrag
💰 Aufschlüsselung der Kaufnebenkosten
Kostenart | Betrag in € | Prozentsatz vom Kaufpreis |
Grunderwerbsteuer (6,5 %) | 26.000 € | 6,5 % |
Notar- und Grundbuchkosten (1,5 %) | 6.000 € | 1,5 % |
Maklerprovision (3,57 %) | 14.280 € | 3,57 % |
Finanzierungskosten (geschätzt) | 2.000 € | 0,5 % |
Sonstige Nebenkosten (geschätzt) | 1.500 € | 0,375 % |
Gesamtkosten Kaufnebenkosten | 49.780 € | 12,45 % |
🧾 Gesamtkosten des Immobilienerwerbs
Position | Betrag |
Kaufpreis | 400.000 € |
Kaufnebenkosten | 49.780 € |
Gesamtkosten | 449.780 € |
📌 Wichtige Erkenntnisse
- Ohne Berücksichtigung der Nebenkosten könnte eine Finanzierungslücke von knapp 50.000 € entstehen.
- Wer die Nebenkosten nicht mitfinanzieren kann oder will, muss diesen Betrag aus Eigenkapital aufbringen.
- Die Kaufnebenkosten können – je nach Region und Maklerbeteiligung – auch deutlich über 15 % steigen.
6. Häufige Fehler und Irrtümer
Beim Immobilienkauf kann eine ungenaue Einschätzung der Nebenkosten schnell zu finanziellen Schwierigkeiten führen. Hier sind die häufigsten Denkfehler und Fehleinschätzungen rund um das Thema Kaufnebenkosten – und wie du sie vermeidest.
6.1 „Der Kaufpreis ist alles“
Viele Käufer:innen konzentrieren sich ausschließlich auf den reinen Immobilienpreis. Dabei machen die Nebenkosten in der Regel mehr als ein Zehntel der Gesamtausgaben aus. Wer sich zu knapp kalkuliert, erlebt spätestens beim Notar oder der Grunderwerbsteuerrechnung eine böse Überraschung.
Tipp: Immer den Gesamtpreis inklusive aller Nebenkosten kalkulieren – idealerweise mindestens 12–15 % Aufschlag auf den Kaufpreis einkalkulieren.
6.2 Nebenkosten können einfach mitfinanziert werden
Nicht jede Bank erlaubt es, die Kaufnebenkosten mit dem Darlehen zu finanzieren – und wenn doch, meist nur bei hoher Bonität oder zusätzlicher Sicherheit.
Realität: In vielen Fällen verlangen Kreditinstitute, dass Käufer:innen die Nebenkosten aus Eigenmitteln zahlen. Fehlen diese, kann der Kauf platzen oder eine teure Nachfinanzierung notwendig werden.
6.3 Maklerkosten falsch eingeschätzt
Auch nach der gesetzlichen Neuregelung von 2020 gibt es Missverständnisse:
- Nicht immer zahlt der Verkäufer automatisch die Hälfte.
- Bei Gewerbeimmobilien oder Grundstücken gelten andere Regeln.
- In manchen Fällen wird der Makler nur vom Käufer beauftragt – dann trägt dieser allein die Kosten.
Tipp: Vor der Unterzeichnung des Maklervertrags oder Kaufvertrags die Kostenverteilung klar festhalten – schriftlich!
6.4 Notarkosten unterschätzt
Viele denken, der Notar sei „nur“ für die Vertragsunterschrift zuständig. Tatsächlich ist der Aufwand größer: Neben der Beurkundung organisiert er die Eintragung ins Grundbuch, wickelt die Zahlungsflüsse ab und stellt wichtige Anträge bei Behörden.
Fehler: Wird der Notar erst spät eingebunden oder gibt es Korrekturen am Vertrag, können unnötige Zusatzkosten entstehen.
6.5 Zuschüsse und Fördermittel werden nicht genutzt
Viele Käufer:innen wissen nichts von möglichen Zuschüssen oder Förderungen (z. B. KfW, Länderprogramme, Wohn-Riester) – oder beantragen sie zu spät.
Tipp: Förderungen immer vor Vertragsunterzeichnung prüfen und ggf. beantragen.
6.6 „Kleine Nebenkosten“ summieren sich
Umzug, Möblierung, neue Küche, Versicherungen, Erschließungskosten bei Neubauten – all das sind Kosten, die zwar nicht rechtlich zu den Kaufnebenkosten zählen, aber finanziell voll durchschlagen.
Empfehlung: Dafür ein separates Budget einplanen – idealerweise zusätzlich zu den 10–15 % für die klassischen Kaufnebenkosten.
7. Fazit
Der Kauf einer Immobilie ist weit mehr als nur eine Frage des Kaufpreises – erst die Summe aus Kaufpreis plus Kaufnebenkosten bildet die tatsächliche finanzielle Belastung. Diese Nebenkosten liegen in Deutschland je nach Region und Kaufkonstellation meist zwischen 10 % und 15 % des Kaufpreises und können somit einen fünfstelligen Betrag ausmachen.
🔍 Wesentliche Erkenntnisse:
- Grunderwerbsteuer, Notar- und Grundbuchkosten, sowie Maklerprovision sind die größten Posten.
- Diese Kosten sind größtenteils gesetzlich oder marktbedingt fix – sie müssen sorgfältig kalkuliert werden.
- Wer die Nebenkosten nicht mitfinanzieren kann, braucht ausreichend Eigenkapital.
- Zusätzliche Posten wie Finanzierungskosten, Umzug oder Renovierung werden häufig unterschätzt.
✅ Empfehlungen für Käufer:innen:
- Frühzeitig Gesamtkosten kalkulieren – nicht nur den Kaufpreis.
- Fördermöglichkeiten prüfen und nutzen, z. B. über KfW oder Bundesländer.
- Maklerprovision klären, am besten schriftlich im Vorfeld.
- Kaufvertrag und Nebenkosten prüfen lassen, idealerweise durch einen Experten oder Notar.